Schwester Verona, Theo van Gelder sowie Krankenhauspfarrer Prof. Dr. Ulrich Lüke besuchen die Patienten weiter – seit der Corona-Krise allerdings nur auf Nachfrage. „Aber wenn wir gefragt werden, sind wir da“, betont Schwester Verona. Die Franziskanerin betreut eine der Isolierstationen für Corona-Patienten. Zu Hochzeiten wurden bis zu 25 an Covid-19 erkrankte Patienten im St.-Franziskus-Hospital behandelt. Aufgrund der hohen Infektionsgefahr verzichtet Schwester Verona dort auf Besuche und hält stattdessen telefonisch Kontakt. „Viele Corona-Patienten leiden an Atemproblemen und können nicht lange sprechen“, berichtet sie. Die meisten nähmen Kontakt auf, wenn es ihnen besser geht. „Die lange Isolierung und die körperlichen Strapazen erleben viele als zermürbend, gleichzeitig sind sie dankbar, eine so schwere Krankheit überlebt zu haben“, weiß sie aus vielen Telefonaten.
Was Seelsorge im Kern ausmacht, das bekommt Theo van Gelder in dieser Zeit immer wieder von den Patienten zurückgespiegelt. „Es ist das schlichte Dasein. Mit dem Herzen hören und antworten“, sagt er. „Wir müssen jetzt mit den Augen lächeln“, fügt Schwester Verona auf den Mund-Nasen-Schutz bezogen hinzu. Van Gelder ist es wichtig, auch das medizinische Personal im Blick zu haben. „Die Ärzte und Pflegenden befinden sich in einem Ausnahmezustand und es tut ihnen gut, zu wissen, dass wir da sind und sie sich melden können.“ Der Zusammenhalt unter den Mitarbeitenden – angefangen von der Direktion bis hin zu den Pflegestationen – sei enger geworden, sind sich die Seelsorger einig. „Das Gemeinschaftsgefühl als Hospital für die Kranken da zu sein, hat sich verstärkt. Wir ziehen an allen Positionen an einem Strang“, betont Schwester Verona.
Während Schwester Patricia aufgrund ihres Alters zur Risikogruppe zählt und ihre Kollegen in der Krankenhausseelsorge derzeit besonders durch ihr Gebet unterstützt, nutzt Elisabeth Frenke vor allem das Telefon, um mit den Patienten in Kontakt zu bleiben. Die Pastoralreferentin ist selbst vorerkrankt, muss ihre Sozialkontakte reduzieren und arbeitet überwiegend von zu Hause aus. „Ich bin zusätzlich in der Ehe-, Familien- und Lebensberatung tätig und habe es gelernt, telefonisch und online zu beraten“, berichtet sie. Elisabeth Frenke betreut unter anderem die Patientinnen der gynäkologischen Station, telefoniert derzeit regelmäßig mit den Eltern von zu früh geborenen Mehrlingen und hat in den vergangenen Wochen schon vier Mütter und ihre Männer begleitet, bei denen eine Schwangerschaft unglücklich endete. Für die Trauerfeier zwei der Kinder und zur Nottaufe eines Frühchens ist sie – unter Wahrung der Schutzmaßnahmen – dann doch ins St.-Franziskus-Hospital gekommen. „Manche Situationen erfordern die physische Präsenz, das sichtbare Dasein“, sagt sie.
Doch auch von ihrem Schreibtisch aus nutzt Elisabeth Frenke die Zeit für die Seelsorge – teilweise in Papierform. Sie bereitet Unterlagen für die Ärztinnen und Ärzte auf zu neuen Richtlinien, die die Unterbringung von verstorbenen Säuglingen und den Umgang mit sogenannten Sternenkindern betreffen, also Kinder, die noch im Mutterleib oder kurz nach der Geburt gestorben sind. Und auch die Ehrenamtlichen, die die Krankenhausseelsorger sonst unterstützen und die aufgrund des Infektionsrisikos seit Wochen nicht mehr auf den Stationen unterwegs sein dürfen, hat Elisabeth Frenke wieder ins Boot geholt: In Kooperation mit der Ethikbeauftragten Dr. Marita Witteler hat sie den telefonischen Besuchsdienst „Offenes Ohr – Franziskus hört zu“ gegründet. Patienten und Angehörige können sich unter der Nummer 0251 9353599 melden und mit einem Ehrenamtlichen sprechen.
Doch Seelsorge umfasst nicht nur Beratung, sondern auch Gottesdienste und Gebete. Jeden Abend wird in der Kapelle des St.-Franziskus-Hospitals zurzeit ein Gottesdienst gefeiert, der auf alle Zimmer übertragen wird. Auf Wunsch bringen die Seelsorger die Kommunion zu den Patienten. „Ich habe das Gefühl, dass sich dieser Wunsch verstärkt hat“, sagt Schwester Verona. Auch das Angebot, in der geöffneten Kapelle einzeln für sich zu beten, unterstützt von Impulsen, die hinten ausliegen, werde rege wahrgenommen. „Der Bedarf an Seelsorge ist da, nur die Möglichkeiten sind etwas eingeschränkter“, sagt die Krankenhausseelsorgerin. „Da gilt es, kreativ zu werden.“
Ann-Christin Ladermann