Schmölzing schaute zu Beginn des Abends zurück auf das, was seit Bekanntwerden des Missbrauchsskandals in Rhede passiert ist. Ein Arbeitskreis habe zu verschiedenen Veranstaltungen mit unterschiedlichen Themenschwerpunkten eingeladen. Begleitet werde die Pfarrei dabei von Claudia Maria Hardeweg, Leiterin der Ehe-, Familien- und Lebensberatungsstelle in Bocholt, und Michael Sandkamp vom Bistum Münster.
Elf Betroffene haben sich bislang bei Martin Schmitz, Initiator der Rheder Selbsthilfegruppe, gemeldet. Insgesamt geht er von 20 bis 30 Betroffenen in Rhede aus. Während Schmitz den Einsatz von Pfarrer Schmölzing und den Gremien in Sachen Aufarbeitung lobte, „viele Betroffene fühlen sich in der Pfarrei gut aufgehoben und ernst genommen“, gab es von seiner Seite Kritik am Vorgehen des Bistums. Reaktionen und Antworten aus Münster demütigten die Betroffenen einmal mehr, zeigte sich Schmitz enttäuscht. Dass sich Münsters Bischof Dr. Felix Genn in den zurückliegenden Monaten keinem Gespräch in Rhede gestellt habe, dafür hatten die meisten der Anwesenden ebenfalls wenig Verständnis.
Schock und Entsetzen ob der Verbrechen an Kindern und Jugendlichen - Reidegeld unterstrich noch einmal seine eigene Betroffenheit. Der stellvertretende Generalvikar wies auf die Maßnahmen hin, die das Bistum als Konsequenz auf den Weg gebracht habe: „Und damit sind wir sicher längst noch nicht fertig.“ Reidegeld gab Versäumnisse zu: „Uns ist es noch nicht gelungen alles nachzuholen, was in den vergangenen Jahrzehnten bewusst oder unbewusst falsch gelaufen ist.“
Die Ursache, dass Missbrauch in dieser Form überhaupt möglich geworden sei, sieht Reidegeld unter anderem im System der katholischen Kirche: „Wenn wir keinen Systemwechsel schaffen, wenn Männer und Frauen, Priester und Laien in der Leitung nicht gleichberechtigt werden, verlieren wir endgültig das Vertrauen der Menschen.“ Eine „letzte Chance“ sieht der stellvertretende Generalvikar im sogenannten Synodalen Weg, bei dem die deutschen Bischöfe mit dem Zentralkomitee der Katholiken (ZdK) ab Dezember über Veränderungen in der Kirche diskutieren wollen.
Peter Frings räumte Fehler in seinen ersten Monaten als Interventionsbeauftragter im Zugehen auf Betroffene ein. Alles sei neu, vieles unvorhersehbar gewesen: „Ich habe aus den ersten Gesprächen gelernt.“ Was die Aufarbeitung der Missbrauchsfälle im Bistum angehe, setzt Frings auf die Ergebnisse der Historikerkommission der Westfälischen Wilhelms-Universität, die unabhängig vom Bistum arbeitet.
Nicht nur die Täter, auch die Personalverantwortlichen sollen zur Verantwortung gezogen werden, forderten die Anwesenden: „Was da passiert ist, lässt sich nur als Desaster, als Versagen der Verwaltung auf ganzer Linie bezeichnen“, machte ein Pfarreimitglied seinem Ärger abschließend noch einmal Luft.
Gudrun Niewöhner