Zum Wohl der Kinder handeln

, Kreisdekanat Recklinghausen

Am Ende des Abends stand fest: Es gibt noch viel Gesprächsbedarf. Und genau dieses Angebot machten die Verantwortlichen der Tageseinrichtung für Kinder St. Andreas in Hullern den Eltern. Denn allen Beteiligten – Eltern, Erzieherinnen und Erziehern – sei es ein Anliegen, dass wieder Normalität in den Alltag einkehre. „Natürlich ist die individuelle Aufarbeitung der Vorfälle im Kindergarten wichtig, aber ebenso wichtig ist für die Kinder der ruhige Umgang miteinander. Die pädagogischen Fachkräfte haben die besondere Situation im Blick. Bitte vertrauen Sie ihnen“, rief Judith Rösmann, Fachberaterin beim Diözesancaritasverband Münster für Kindertageseinrichtungen, die Eltern zum Abschluss des gut zweistündigen Treffens auf.

Verbundleiterin Iris Hillenbrand, Pfarrer Michael Ostholthoff und Moderatorin Nadine Gertken aus Osnabrück sind im Gespräch.

Hoffen darauf, dass viele Familien die nächsten Schritte mitgehen: (von links) Verbundleiterin Iris Hillenbrand, Pfarrer Michael Ostholthoff und Moderatorin Nadine Gertken aus Osnabrück.

© Bistum Münster

Die Pfarrei St. Sixtus als Träger der Kita hatte zu dem außerordentlichen Elternabend eingeladen, um über die Konflikte der vergangenen Wochen ins Gespräch zu kommen. Aufgrund der hohen Anmeldezahlen fand die Versammlung in der St.-Andreas-Kirche in Hullern statt. „Vielleicht hilft dieser Rahmen auch dabei, sachlich ins Gespräch zu kommen“, begrüßte Pfarrer Michael Ostholthoff die gut 80 Eltern und die Vertreter des Jugendamtes, des Kirchenvorstandes, der Zentralrendantur, des Diözesancaritasverbandes und des Bischöflichen Generalvikariats. Es gehe an diesem Abend nicht darum, Einzelfälle zu diskutieren, sondern darum, wie ein vertrauensvolles Miteinander wieder möglich sei, welche Maßnahmen getroffen wurden und noch getroffen werden müssten. „Denn allen Beteiligten geht es doch um das Wohl der Kinder. Sie sollen gern in die Kita gehen und sich dort wohlfühlen“, betonte Moderatorin Nadine Gertken, Heilpädagogin und entwicklungspsychologische Beraterin sowie selbst Leiterin einer Kindertagesstätte in Osnabrück.
Ausgelöst wurde der Konflikt in der Kita in der zweiten Dezemberwoche 2018 durch Schilderungen eines Kindes, das sich grenzüberschreitendem Verhalten eines anderen Kindes ausgesetzt sah. Nachdem die Einrichtungs- und Verbundleitung den Fall an die zuständigen Stellen weitergeleitet hatte, meldeten sich weitere Eltern, deren Kinder ebenfalls von einem grenzüberschreitendem Verhalten des Kindes erzählt hatten. Die massive Kritik einiger Eltern richtete sich gegen die Leitung, der sie vorwarfen, nicht richtig reagiert zu haben, zumal es ein Jahr zuvor bereits einen ähnlichen Fall gegeben habe. Auch fehle ihnen eine ausreichende Kommunikation mit den Eltern.

In diesem Zusammenhang stellte Ostholthoff eine Elternbefragung in Aussicht, die in den kommenden zwei Wochen stattfinden soll. „Wir haben einen Fragebogen entwickelt, der unterschiedliche Themen aufgreift und den Sie anonym ausfüllen können. In einem nächsten Schritt werden wir ihn gemeinsam mit dem Elternrat, interessierten Eltern, dem Träger sowie den pädagogischen Fachkräften auswerten“, erläuterte der Pfarrer. Die Ergebnisse sollen im Frühsommer auf einem weiteren Elternabend vorgestellt werden.

„Unser Kind fühlt sich in dem Kindergarten wohl, und wir wissen es dort auch in Sicherheit. Uns ist es wichtig, jetzt nach vorn zu blicken“, sagte eine Mutter. Verbundleiterin Iris Hillenbrand erläuterte in dem Zusammenhang noch einmal die Maßnahmen, die die Erzieherinnen im Kindergarten umsetzten. „Wir sprechen mit den Kindern über die Vorfälle im Morgenkreis. Wir sensibilisieren sie, zu sagen, wenn sie etwas nicht möchten“, nannte sie ein Beispiel. Doch das alles brauche seine Zeit. Zudem könne der Kindergarten eine besondere Aufsicht des Kindes, das durch grenzüberschreitendes Verhalten aufgefallen sei, zusagen. „Das geht aber nicht rund um die Uhr. Das lässt der Alltag im Kindergarten nicht zu. Zudem ist es auch nicht im Sinn des Kindes. Jedes Kind hat einen Anspruch darauf, dass ihm seiner Entwicklung gemäß Vertrauen entgegengebracht wird“, betonte Hillenbrand.

Ostholthoff hat Verständnis für die emotionale Betroffenheit. „Unser Anliegen heute Abend war es, den Familien gemeinsame nächste Schritte anzubieten, damit neues Vertrauen untereinander wieder wachsen kann. Wir werden versuchen –  gerade auch in persönlichen Gesprächen – möglichst viele auf diesen Weg mitzunehmen“, sagte er zum Abschluss.

Michaela Kiepe