"Als Kirche müssen wir die Wunden des Krieges heilen"

, Bistum Münster

„Als Kirche müssen wir die Wunden des Krieges heilen und den Menschen in Not helfen“, ist der ukrainische Erzbischof Dr. Volodymyr Vijtyshyn überzeugt. Gemeinsam mit Bischofsvikar Dr. Mykhailo Klapkiv hat sich der Metropolit des Erzbistums Ivano-Frankivsk in der West-Ukraine auf den Weg nach Münster gemacht. „Wir möchten dem Bistum und den vielen Menschen, die uns unterstützen, herzlich danken. Sie machen es möglich, dass wir helfen können“, ergänzt er. 

Seit nunmehr zwölf Jahren kennen sich der Erzbischof und Weihbischof Dr. Stefan Zekorn, bischöflicher Beauftragter für die Weltkirche im Bistum Münster. „Wir unterstützen verschiedene Projekte in der Ukraine. Aber nicht wir allein. Es gibt viele weitere Partnerorganisationen, die sich engagieren wie zum Beispiel die ‚Stiftung Pro Humanität‘ aus Kevelaer“, erläutert Zekorn, der vor vier Jahren selbst Ivano-Frankivsk besucht hat. Mit Hilfe von Spenden aus ganz Deutschland hat die ukrainisch griechisch-katholische Kirche vor einigen Jahren mit dem Bau der St.-Lukas-Klinik begonnen und ihn inzwischen fast vollendet. „Die Errichtung der Klinik war nur möglich durch die Unterstützung der Katholiken aus Deutschland“, erläutert Klapkiv. Viel hätten sie schon erreicht. So seien in einem letzten Schritt auch drei Operationsräume fertiggestellt, für die noch die Ausstattung fehle.

In der St.-Lukas-Klinik können auch Bedürftige medizinische Versorgung erhalten, die sie sich sonst finanziell nicht leisten könnten. Durch den Ausbruch des Krieges habe die Klinik eine besondere Bedeutung erhalten. In der Stadt Ivano-Frankivsk leben rund 250.000 Einwohner. „Dazu kommen 50.000 Binnenflüchtlinge. Sie werden bei uns behandelt. Zudem geben wir Ärzten und Krankenschwestern, deren Krankenhäuser durch die Angriffe zerstört wurden, eine neue Arbeit in unserem Haus“, erzählt der Bischofsvikar. 

Erzbischof Dr. Volodymyr Vijtyshyn

Auch gäbe es in der Stadt, die rund 1.300 Kilometer von den Kriegsgebieten im Osten der Ukraine entfernt sei, hin und wieder Luftalarm. „Wir haben fast 40 Kirchen in der Stadt, die teilweise über eine Krypta verfügen. Dorthin kommen viele Menschen, wenn es einen Alarm gibt“, nennt er ein weiteres Beispiel. Ebenso brächten sie Flüchtlinge in den Einrichtungen der Kirche wie im Priesterseminar unter und versorgten sie. Weitere Projekte, die das Erzbistum forciert habe, seien ein Gymnasium für 300 Schülerinnen und Schüler sowie der Umbau der alten Bischofsresidenz zu einem Kindergarten. Insgesamt gehe das Leben weiter. Allerdings dürften die Menschen nur in Betrieben arbeiten und die Kinder in die Schulen gehen, die über einen Schutzbunker verfügten.

Aber nicht nur vor Ort helfe die Kirche, sondern sie unterstütze auch die Menschen in den umkämpften Gebieten in der Ostukraine. „Es gibt bei uns eine zentrale Sammelstelle für Medikamente, Kleidung und vieles mehr. Wir bringen sie in die umkämpften Gebiete und verteilen sie dort“, berichtet der Erzbischof. Zudem seien Kapläne als Seelsorger in den Gebieten. „Sie sprechen mit den Soldaten, die oft verzweifelt sind. Wir erklären ihnen, dass sie kein Verbrechen begehen, wenn sie Menschen töten. Denn sie verteidigen sich, ihre Familien und ihr Land. Ja, sie töten, aber sie greifen nicht an“, macht der Erzbischof deutlich und fügt hinzu: „Wir dürfen als Kirche nicht den Krieg predigen, sondern die Liebe und den Frieden.“ Der Krieg habe die Menschen in der Ukraine mehr zusammengeschweißt als es vorher der Fall war. Sie stünden füreinander ein. 

Ein besonderes Anliegen war es den Gästen, Dank zu sagen. „Deshalb haben wir uns auf den Weg gemacht. Wir leben. Wichtig ist, dass wir nicht allein sind. Wir können nur deshalb stark sein, weil die deutschen Katholiken uns unterstützen“, richtete er das Wort an Zekorn. Die persönliche Begegnung sei für sie bedeutsam. „Seit nunmehr mehr als einem Jahr gibt es den Krieg in der Ukraine. Die Gefahr ist, dass die Menschen sich daran gewöhnen. Aber wir dürfen uns nicht an den Krieg gewöhnen. Deshalb ist es gut, dass Sie da sind und berichten“, sagte Zekorn. 

Michaela Kiepe

Der ukrainische Erzbischof überreicht Weihbischof Zekorn eine Ikone.

Erzbischof Dr. Volodymyr Vijtyshyn (links) überreichte Weihbischof Dr. Stefan Zekorn nach dem Gespräch eine handgemalte Ikone des heiligen Nikolaus als Dank für das Engagement.

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