Wenn die Energiekrise tief ins Leben eingreift

, Kreisdekanat Coesfeld

Roswitha Meyer (Name geändert) muss jeden Euro zehnmal umdrehen bevor sie ihn ausgibt. Die 64-Jährige lebt von Sozialleistungen, und die Nachrichten rund um die enormen Preiserhöhungen für Strom und Gas machen sie nervös. „Wie ich das stemmen soll, weiß ich nicht“, gibt sie resigniert zu. Doch Christian Kurz, Projektleiter des Stromspar-Checks beim Caritasverband für den Kreis Coesfeld e. V., versucht sie zu beruhigen. „Dafür sind wir ja da.“ Im Gepäck hat der 48-Jährige viele Fragen zu ihrem Energie- und Wasserverbrauch und auch das ein oder andere Messgerät. Seit 2014 ist er gemeinsam mit ehrenamtlichen Beratern in Haushalten unterwegs, die mit jedem Cent rechnen müssen. „Ich weiß, wie wichtig für sie jeder Euro ist und versuche, bei den Energiekosten das Optimum herauszuholen“, berichtet er. 

Christian Kurz hält einen Becher unter den Wasserhahn.

Christian Kurz, Projektleiter des Stromspar-Checks beim Caritasverband, überprüft, wieviel Wasser minütlich durch den Hahn fließt.

© Bistum Münster

Kurz schaut sich die Abrechnungen von Meyer an und geht mit ihr durch die kleine Wohnung. Schnell stellt er fest, dass zahlreiche Lampen bereits mit LED-Leuchtmitteln ausgestattet sind. Dafür gibt es ein Lob. Mit einem Energiekostenmessgerät prüft er den Stromverbrauch des Fernsehers und gibt auch hier Entwarnung. „Das Gerät verbraucht nur wenig Strom. 0,5 Watt im Standby-Modus. Das ist zu vernachlässigen.“ Meyer fällt ein Stein vom Herzen. „Der Fernseher hat damals viel Geld gekostet. Aber das hat sich ja dann gelohnt“, freut sie sich. Große Sorgen bereitet Meyer ihr Kühlgerät, das auch über Gefrierfächer verfügt. „Das ist schon sehr alt“, sagt sie und schaut dem Berater zu, wie er das Typenschild fotografiert, um die Werte später in einer Datenbank nachschauen zu können. „Es ist deutlich älter als zehn Jahre“, bestätigt er den Eindruck.

Doch Kurz hat nicht nur den Stromverbrauch im Visier. Er prüft ebenso den Wasserverbrauch, denn auch der verursacht Kosten. Neun Liter fließen pro Minute nicht nur durch den Hahn des Waschbeckens, sondern auch durch den Duschkopf. „Da gibt es ein deutliches Einsparpotenzial durch einen neuen Perlator und einen neuen Duschkopf. Damit sparen sie pro Minute mehr als zwei Liter ohne Komfortverlust. Das rechnet sich übers Jahr“, weiß der Fachmann. Dann wirft Kurz noch einen Blick auf die Fenster. „Die sind doppeltverglast und dicht. Da gibt es keinen Handlungsbedarf.“ Nach gut einer Stunde ist der erste Termin bei Meyer geschafft. Nun heißt es für den Projektleiter, die Ergebnisse auszuwerten und zu schauen, mit welchen Mitteln er beim Energiesparen helfen kann. Für Meyer hat er noch eine gute Nachricht: „Wenn Sie mit einem neuen Kühlschrank mehr als 200 Kilowattstunden im Jahr zusätzlich einsparen, können wir 100 Euro über Bundesmittel für eine Neuanschaffung beantragen. Doch vorher müssen wir eine Langzeitmessung machen.“ Diese Aussicht zaubert ein Lächeln auf ihr Gesicht. 

Christian Kurz

Projektleiter des Stromspar-Checks beim Caritasverband für den Kreis Coesfeld e. V.

„Mussten wir bislang für unser Angebot Werbung machen, kommen wir mit unseren Beratungen inzwischen nicht mehr hinterher“, sagt Kurz, der gemeinsam mit acht Ehrenamtlichen in Haushalten im gesamten Kreis Coesfeld unterwegs ist. Viele Menschen würden sich wegen der Energiekrise melden und um einen Termin bitten. „Wir leisten eine Grundberatung und haben viele verschiedene Hilfen wie zum Beispiel Leuchtmittel, Perlatoren, Duschköpfe oder auch ein Kühlschrankthermometer, um die Temperatur dauerhaft bei sieben Grad zu halten und das Gerät effizienter zu machen, beim zweiten Termin dabei. Diese Investitionen sind bis zu 70 Euro wert“, berichtet er. Aber es gäbe auch einen pädagogischen Ansatz bei seiner Arbeit: „Wir vermitteln den Menschen, wie sie mit kleinen Verhaltensänderungen Energie sparen können.“ Diese Ratschläge würden gut angenommen, denn sie machten sich im Portemonnaie bemerkbar. Zusätzlich werde bei manchen Haushalten ein dritter Besuch durchgeführt, um zu prüfen, ob die Prognosen der ausgerechneten Ersparnissen erfüllt würden.

Ehrenamtliche Helfer werden gesucht

Geht es den Menschen mit einem schmalen Geldbeutel in erster Linie um den finanziellen Aspekt, ist Kurz stolz, zum Klimaschutz im Kreis Coesfeld beitragen zu können. „Die 529 Haushalte, die wir seit Projektbeginn beraten haben, sparen im Mittel pro Jahr rund 150 Euro. Langfristig werden insgesamt 504.372 Euro gespart. Ein Wert, der nicht nur den Haushalten zu Gute kommt, sondern je nach Leistungstyp auch die Städte und Kommunen entlastet. Durch unsere eingebauten Soforthilfen beträgt die CO2-Reduktion über die Lebensdauer der Produkte 626.823 Kilogramm“, fasst er die beeindruckenden Ergebnisse zusammen. Dabei seien die möglichen Verhaltensveränderungen noch nicht einmal erfasst. „Die kommen nochmals oben drauf“, erklärt Kurz.

Doch das Projekt funktioniere nur, da sich die Berater ehrenamtlich engagieren. „Sie sind mit Herzblut dabei. Das ist toll“, lobt er sein Team und fügt hinzu: „Für den Bereich Havixbeck und Nottuln werden übrigens noch Helfer gesucht. Es ist ein dankbares Ehrenamt, bei dem man ganz viel zurückbekommt.“ 

Nähere Informationen gibt es hier im Internet oder direkt beim Projektleiter unter Tel. 02591/208884-3302.

Michaela Kiepe