Als die Laien mögliche Bischöfe vorschlugen

, Bistum Münster

Eine stärkere Beteiligung der Gläubigen an Bischofswahlen ist eine der Maßnahmen, mit denen der Synodale Weg – der Gesprächs- und Reformprozess der Kirche in Deutschland – aktuell die katholische Kirche reformieren möchte. Für das Bistum Münster allerdings wäre diese Maßnahme gar nicht völlig neu, wie Prof. Dr. Thomas Flammer als Leiter der Abteilung Kunst und Kultur erklärt: „Schon bei den Wahlen der Bischöfe Heinrich Tenhumberg 1969 und Reinhard Lettmann 1979 wurden die Gläubigen zumindest befragt.“

Was heute für viele Katholiken zeitgemäßer denn je klingt, war damals Flammer zufolge eine Konsequenz aus dem Zweiten Vatikanischen Konzil (1962 bis 1965). Dieses hatte Papst Johannes XXIII mit dem Ziel pastoraler und ökumenischer Erneuerung einberufen.

Schon zweimal wirkten Gläubige an Bischofswahl im Bistum Münster mit

Grundsätzlich ist im Bistum Münster das Domkapitel für die Wahl eines Bischofs verantwortlich. Seit dem Preußenkonkordat von 1929 sind dem Domkapitel allerdings engere Grenzen gesetzt. Im Falle der Sedisvakanz – der Zeit, in der das Bischofsamt nicht besetzt ist – erstellt es eine Liste mit möglichen Kandidaten, schickt diese – wie auch die anderen Bistümer auf dem ehemaligen Gebiet Preußens – an den Vatikan. Im Artikel 6 des Konkordats heißt es, dass der Heilige Stuhl „unter Würdigung dieser Listen …dem Kapitel drei Personen“ benennt, „ aus denen es in freier, geheimer Abstimmung“ den neuen Bischof zu wählen hat. 

In der Folge „der Aufbruchstimmung nach dem Konzil“ habe nun, erklärt Flammer, das Domkapitel 1969 einen Brief an alle Geistlichen im Bistum gesandt. Darin habe es zugesagt, „bei der Aufstellung seiner Kandidatenliste Vorschläge aus dem Bistum gern zu berücksichtigen.“ Die Geistlichen seien gebeten worden, dies ihren Gemeinden mitzuteilen, damit „alle Gläubigen, Laien wie Priester, einzeln oder in Gruppen begründete Vorschläge an das Domkapitel einreichen könnten.“ Laut eines Berichts der Bistumszeitung Kirche+Leben vom 2. März 1969 seien daraufhin mehr als 400 Einzelvorschläge eingegangen. „Außerdem haben Diözesankomitee, Seelsorgerat und Priesterrat in mehreren Sitzungen für das Domkapitel eine Liste mit geeignet erscheinenden Kandidaten erstellt“, schildert Flammer. Weitere Vorschläge seien aus Gruppen und Gremien der Dekanaten und Pfarreien in Münster eingetroffen. 

Indes: „Ob die eingereichten Vorschläge Berücksichtigung fanden und welche Kandidaten auf der Kandidatenliste des Domkapitels beziehungsweise der Antwort aus Rom standen, lässt sich nicht sagen“, betont Flammer. Gewählt worden sei letztlich Heinrich Tenhumberg, seine Amtseinführung war am 14. September 1969. 

Ebenso seien nach Tenhumbergs Tod im Vorfeld der Wahl von Reinhard Lettmann rund zehn Jahre später Vorschläge der Gläubigen erbeten worden und eingegangen, wiederum mehr als 400. Auch in diesem Fall lasse sich aber nicht nachvollziehen, ob und wie diese berücksichtigt worden seien. Im Ergebnis sei allerdings Lettmanns Wahl keine Überraschung gewesen und auch von vielen Gläubigen erwartet worden, so titelte zumindest Kirche+Leben kurz nach der Bekanntgabe.

Flammer betont, dass vor allem die Einbindung der Gläubigen 1969 ein „damals viel beachteter Vorgang gewesen sei. Solange jedoch Artikel 6 des Preußenkonkordats von 1929 weiterhin gilt, hängen auch die künftigen Bischofskandidatenlisten nur davon ab, was man in Rom unter ´Würdigung` der Vorschläge aus Deutschland versteht. Wobei es unserem Domkapitel natürlich unbenommen bleibt, auch bei künftig anstehenden Bischofswahlen wieder die Gläubigen des Bistums nach Vorschlägen zu befragen.“ 

 

Foto: Klaus Kegebein/Pfarrbriefservice.de