Andere Formen der Spiritualität akzeptieren

"Wenn wir Hinweise hätten, dass ,Regnum Christi‘ in Verbindung zu Rechtspopulisten stehen könnte, würden wir einschreiten. Aber diese Hinweise gibt es nicht."

Klare Worte von Dr. Jochen Reidegeld, stellvertretender Generalvikar des Bistums Münster und Leiter der Abteilung Orden, Säkularinstitute und Neue Geistliche Gemeinschaften des Bistums Münster.

Reidegeld war am 15. November einer von drei Gästen, die in der Raesfelder Pfarrei St. Martin Fragen zu "Regnum Christi" (RC) und den "Legionären Christi" (LC) beantworteten. Die Glaubensgemeinschaft sowie der Orden sorgen seit Monaten für Unruhe in der westmünsterländischen Gemeinde.

Eine Gruppe von RC-Mitgliedern lädt regelmäßig zu öffentlichen Vorträgen ein, die in den Räumen der Pfarrei stattfinden. Ein großer Teil der Gemeinde befürchtet, konservative Kreise könnten sich in St. Martin ausbreiten – und das mit Unterstützung von Pfarrer Michael Kenkel. Um seine Person sollte es in der Fragestunde allerdings bewusst nicht gehen. Vielmehr sollten die mehr als 200 Raesfelder Katholiken sich informieren können, wer RC/LC sind und wie das Bistum zu diesen beiden zusammenhängenden Gemeinschaften steht.

Reidegeld, der sich an diesem Abend nicht als Verteidiger von RC/LC sah, betonte eingangs: "Jede Gemeinschaft, die kirchlich anerkannt ist, ob sie mir nun gefällt oder nicht, hat das gleiche Recht." Er bat die Gemeindemitglieder um Toleranz: "Wenn nur die einen Raum im Pfarrheim bekommen, die mehrheitsfähig sind, wäre dies ein Armutszeugnis für die Kirche." Der stellvertretende Generalvikar erinnerte an die Religionsfreiheit: "Wir müssen andere Formen von Glauben und Spiritualität akzeptieren – und darin nicht gleich Konfliktpotenzial sehen." Der Kernauftrag aller Gemeinschaften sei die Verkündigung der frohen Botschaft. Und dafür stehe auch RC/LC. Den Kritikern legte Reidegeld ans Herz, die Vielfalt an Angeboten in einer Pfarrei zu nutzen und zu fördern.

Mehr über den Missbrauchsskandal um den Gründer der "Legionäre Christi", Marcial Maciel (1920 bis 2008), wollten die Raesfelder Katholiken von RC/LC-Pressesprecher Karl-Olaf Bergmann wissen. Besonders vor dem Hintergrund, dass die Gemeinschaft zu ihren Veranstaltungen in St. Martin explizit junge Menschen willkommen heißt. Ihn habe das Doppelleben des Ordensgründers schockiert, erklärte Bergmann. Da Maciel bereits verstorben war, als der Skandal öffentlich wurde, habe man ihn nicht zur Rechenschaft ziehen können. Unter vatikanischer Aufsicht seien die Fälle aufgearbeitet und die Ordensoberen ausgetauscht worden.

Die Verbrechen an Kindern und Jugendlichen hätten die katholische Kirche allgemein in eine tiefe Krise gestürzt, ergänzte der stellvertretende Generalvikar Reidegeld. Das Bistum Münster habe Maßnahmen ergriffen, um für dieses Thema sensibel zu machen. Unter anderem seien alle Haupt- und Ehrenamtlichen aus der Kinder- und Jugendarbeit zur Teilnahme an Präventionsschulungen verpflichtet: "Wir tun alles, was möglich ist, um junge Menschen im Raum der Kirche zu schützen." Das Bistum prüfe sehr genau, ob die Standards in den Pfarreien und Glaubensgemeinschaften erfüllt werden.

Bildunterschrift: Dr. Jochen Reidegeld (l.), nahm zusammen mit Pfarrer Peter van Briel aus Halverde (2.v.l.), Sprecher der Karl-Leisner-Jugend, und Karl-Olaf Bergmann (2.v.r.) an einer Fragestunde in der Pfarrei St. Martin teil. Die Moderation des Abends übernahm Raesfelds Alt-Bürgermeister Udo Rößing (r.). Pfarreiratsvorsitzender Mike Otte (3.v.l.) hatte die mehr als 200 Interessierten eingangs begrüßt.

Text: Bischöfliche Pressestelle / 16.11.16
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Foto: Bischöfliche Pressestelle/Gudrun Niewöhner