Kahle ist ab Juni Referentin für Sexuelle Bildung

, Bistum Münster

Über Sexualität und Missbrauch sprechen zu können, das sei in der Vergangenheit vielen schwer gefallen, oftmals unmöglich gewesen. „Wir hoffen, dass sich die Sprachfähigkeit weiter verbessert und eine Enttabuisierung zumindest in Ansätzen schon stattgefunden hat“, erklärt Ann-Kathrin Kahle. Die 57-Jährige ist ab dem 1. Juni Referentin für Sexuelle Bildung im Bistum Münster. Mit dieser Stelle reagiert die Diözese auf Ergebnisse der sogenannten MHG-Studie. In dieser wurde das Fehlen sexueller Bildung als eine Ursache für die sexualisierte Gewalt angeführt.

Ann-Kathrin Kahle

Ann-Kathrin Kahle ist ab dem 1. Juni Referentin für Sexuelle Bildung im Bistum Münster.

© Bistum Münster

Sexualisierte Gewalt habe mit Unsagbarem auf mehreren Ebenen zu tun: „Vor der Möglichkeit des Sprechens steht die Fähigkeit, sensibel wahrzunehmen, was undenkbar scheint. Erst dann kann ich es in Worte fassen und dazu braucht es auch heute noch Mut“, weiß Ann-Kathrin Kahle, die bislang als Präventionsbeauftragte im Kontext sexualisierter Gewalt für das Bistum tätig war.

„Sexualität ist eng verknüpft mit der Identität des Menschen in all ihren Facetten“, fügt die Diplom-Sozialpädagogin, die zudem Theologie studiert und eine Fortbildung als Sexualpädagogin gemacht hat, an. Lebenslanges Ziel müsse es deshalb sein, in der „eigenen Liebes -und Beziehungsfähigkeit zu wachsen.“ Menschen in diesem Prozess zur Seite zu stehen, sie zu beraten und zu begleiten, das sei eine ebenso wichtige wie anspruchsvolle Herausforderung für alle in kirchlichen Bezügen Tätigen. „Die für mich ganz eng verbunden ist mit dem Auftrag des Christentums“, ergänzt Ann-Kathrin Kahle.

Jeder Mensch sei bedingungslos von Gott gewollt und angenommen, erklärt die neue Referentin für Sexuelle Bildung: „Das ist die Kernbotschaft Jesu Christi.“ Dabei seien die Selbst- und die Nächstenliebe untrennbar miteinander verbunden. 

Im Blick auf ihre künftige Aufgabe sagt sie: „Sexuelle Bildung muss Bestandteil einer guten Präventionsarbeit gegen sexualisierte Gewalt sein.“ Auf den Punkt gebracht: „Nur wer Bescheid weiß, kann Bescheid sagen.“ Es gehe um das Recht auf sexuelle Selbstbestimmung als Grundlage eines wirksamen Schutzes für sich selbst und andere.

Dies ändere allerdings nichts an der Tatsache, dass für die Eindämmung von Gefahren nicht die Kinder, sondern die Erwachsenen zuständig sind. „Angebote sexueller Bildung dürfen nicht zu einer Verschiebung der Verantwortlichkeiten führen“, betont Ann-Kathrin Kahle. Zu den künftigen Aufgaben der Referentin für Sexuelle Bildung gehört insbesondere die Entwicklung von Konzepten der sexuellen Bildung für die Aus- und Fortbildung von Seelsorgerinnen und Seelsorgern. Auch geht es um die fachliche Unterstützung der Stabsstelle Prävention und Intervention, um Fachberatung, um Gesprächsangebote für Pfarreien und Einrichtungen zum Themenfeld Sexualität sowie um die Vernetzung und Zusammenarbeit mit Hochschulen und außerkirchlichen Fachstellen.

Die gleichberechtigte Anerkennung der verschiedenen sexuellen Identitäten der Menschen, auch der Transsexuellen, steht für die Referentin für Sexuelle Bildung außer Frage: „Das ist die Basis.“

Für die Zukunft hat Ann-Kathrin Kahle Wünsche und Hoffnungen: „Es wäre schön, wenn wir zu einer Haltung kommen könnten, die die Menschen und das, was sie in Sachen Sexualität bewegt, in den Mittelpunkt stellt.“ Und sie ist überzeugt davon, „dass der Kern der christlichen Botschaft weder leib- noch sexualitätsfeindlich ist und dass es sich sehr lohnt, darüber mit Menschen neu ins Gespräch zu kommen.“

Gudrun Niewöhner