Diskussionsrunde zur Frage „Wäre Jesus für eine Obergrenze?“

, Kreisdekanat Kleve, Kreisdekanat Wesel

Auf Initiative der Kolpingsfamilie Xanten fand im Kapitelsaal des Doms eine Diskussionsrunde zum Thema „Wäre Jesus für eine Obergrenze?“ statt. Der Journalist Lothar Schröder hatte mit einem Essay diese Frage in den Raum gestellt, wobei er in der Talkrunde selber gleich zugab: „Vom Schreibtisch aus lässt sich immer leicht argumentieren.“ Mit Weihbischof Rolf Lohmann, Dörte Dreher-Peiß vom Caritasverband Moers-Xanten und dem als Moderator fungierenden Landtagsabgeordneten René Schneider stellte sich der Leiter der Kulturredaktion der Rheinischen Post sich diesmal aber der Öffentlichkeit.

Zeigen, welche Werte in Europa stecken

Diskutierten im Kapitelsaal des Xantener Doms über die Frage „Wäre Jesus für eine Obergrenze?“: (von links) Politiker René Schneider, Journalist Lothar Schröder, Dörte Dreher-Peiß vom Caritasverband und Weihbischof Rolf Lohmann.

Diskutierten im Kapitelsaal des Xantener Doms über die Frage „Wäre Jesus für eine Obergrenze?“: (von links) Politiker René Schneider, Journalist Lothar Schröder, Dörte Dreher-Peiß vom Caritasverband und Weihbischof Rolf Lohmann.

© Christian Schmithuysen

Beim Rückblick auf die starke „Flüchtlingswelle“ der Jahre 2015 und 2016 (jeweils rund 1,3 Millionen Menschen in Europa) wurde schnell deutlich, dass die Antwort auf die Frage wohl auf ein klares „Nein“ hinauslaufen würde. „Unser Motto lautete: ‚Bitte spaziert herein und kommt in unser Haus‘“, erinnerte sich Dörte Dröher-Peiß an die damalige Haltung der Caritas. „Dabei gab es gar keine Strukturen. Deshalb wäre es ohne das Engagement der Ehrenamtlichen nicht zu bewältigen gewesen.“ Der Weihbischof – damals noch Wallfahrtsdirektor in Kevelaer – hatte ähnliche Erfahrungen gemacht: „Die Hilfsbereitschaft war riesig. Gut 200 Menschen haben sich an einem runden Tisch beteiligt, egal ob aus christlichen oder sozialen Motiven.“ Es seien eine Fahrradwerkstatt, ein Schwimmkurs oder Treffen zu Fußballspielen entstanden. Schröder hatte noch eine ganz andere Erfahrung gemacht: „Wer hilft, der hilft auch sich selbst.“ Doch der anfänglichen Euphorie sei auch Ernüchterung gefolgt. „Das ehrenamtliche Engagement ist im Lauf der Zeit zurückgegangen, weil viele Menschen einfach nicht mehr konnten“, erklärte Dröher-Peiß, die bis Ende letzten Jahres beim Caritasverband Moers-Xanten das Projekt Migration und Integration koordiniert hat. „Zudem sind zur Integration viele kleine Schritte nötig, die aber oft durch zu viel Bürokratie erschwert werden.“ So hätten bis heute viele Flüchtlinge zwar Deutsch gelernt und einen Arbeitsplatz gefunden, allerdings keinen Kontakt mehr zu deutschen Mitbürgern.

Diese wiederum hätten vor dem Fremden oft „Angst“, die von einigen politischen Kräften auch noch geschürt würde. „Wir dürfen nicht in eine Sprachlosigkeit kommen, dann werden die Gräben immer tiefer“, mahnte Dröher-Peiß. Ein gutes Mittel zur Kommunikation seien gemeinsame Aktivitäten. „Wir laden bewusst auch Immigranten zu Pfarrfesten ein“, will Lohmann weg vom Schwarz-Weiß-Denken. „Schließlich brauchen wir Zuwanderer. Deshalb müssen die Grenzen weg. Das ist unsere christliche Aufgabe.“ Zwar hielt Schröder dem entgegen, dass es längst eine „Festung Europa“ gäbe, weil die Gesellschaft in „arm und reich“ geteilt wäre. „Andererseits ist es aber auch eine Leistung der Menschen, die hierher kommen. Sie müssen alle ihre hergebrachten Werte über Bord werfen und völlig neue lernen.“ „Und deshalb tut unser Land gut daran, Zäune zu öffnen und ihnen zu zeigen, was für Werte in unserem Europa stecken“, erklärte Lohmann, dass es noch viel Luft nach oben gebe.

Ein Großteil der rund 50 Gäste beteiligte sich angeregt an der Diskussion. Dabei wurde deutlich, dass das Thema sich nicht nur an der „Obergrenze“ festmachen ließ. Politische Fehlentscheidungen wurden ebenso angeprangert wie das oft andersgeartete „Frauenbild“ oder der Umgang mit Wirtschaftsflüchtlingen. Es kamen aber auch positive Entwicklungen zur Sprache. So seien viele ausländische Familien inzwischen in Xanten integriert und fühlten sich wohl.

Ein Punkt, der zum Abschluss noch mal Schneider auf den Plan brachte. „Jetzt sind die Menschen also da. Was können wir zur Integration beitragen?“, fragte er in der Runde. „Wir müssen Begegnungen schaffen“, appellierte Dreher-Peiß an ihre Mitmenschen, ihre Herzen und Häuser zu öffnen. „Auch die Arbeitgeber sind gefordert, Flüchtlinge einzustellen. Denn in der Regel sind es Menschen, die sich bei uns etwas aufbauen wollen.“ Für den Bischof sind Gespräche und Begegnungen das A und O: „Es ist ein Geben und Nehmen. Viele bringen auch etwas mit, was wir noch nicht kennen. Wir sollten den Mut haben für multi-kulti.“ Und der Diplom-Journalist und Sozialdemokrat Schröder gab allen Zuhörern noch einen Tipp mit auf den Heimweg: „Nehmen Sie ruhig ein Flüchtlingskind bei sich zu Hause auf. Ihr Leben wird bunter.“