Eltern von Sternenkindern den Abschied ermöglichen

Bei vielen Paaren ist es ein Tabu-Thema, wenn die Frau in der Schwangerschaft ihr Kind verliert. Zu groß ist die Trauer, zu groß sind oft auch die Selbstvorwürfe und Zweifel.

Judith Welbers, Seelsorgerin am Katholischen Karl-Leisner-Klinikum in Kleve, versucht dann, Trost zu spenden und Mut zu machen. Dazu gehört die Bestattung des totgeborenen Kindes auf dem Friedhof.

Zwei Mal im Jahr werden die "Sternenkinder" in Kleve beigesetzt, auf dem Friedhof an der Merowinger Straße gibt es dafür ein eigenes Grabfeld. Manchmal kommen Eltern zu der Feier, einige bringen sogar Geschwisterkinder oder ihre ganze Familie mit, manchmal aber nimmt auch niemand an dem Grab Abschied. "Das ist sehr unterschiedlich", erklärt Judith Welbers, "was für einige Eltern eine Tragödie ist, spielt bei anderen keine so große Rolle." Das gelte insbesondere, wenn sie noch keine Beziehung zu dem heranwachsenden Kind aufbaut hätten, etwa, weil sich die Fehlgeburt in einer sehr frühen Phase der Schwangerschaft ereignete. Alle Eltern hätten die Möglichkeit, das tote Kind selber bestatten zu lassen, erklärt Welbers, ansonsten kümmere sich das Krankenhaus um den würdevollen Umgang und ein kirchliches Begräbnis.

Früher, erinnert sich die Seelsorgerin, war es üblich, dass "Sternenkinder", die unter einer bestimmten Gewichtsgrenze lagen, mit dem OP-Abfall entsorgt wurden. Das hat sich inzwischen geändert, jeder noch so kleine Embryo wird bis zur Beisetzung in der Pathologie des Krankenhauses aufbewahrt. Das sei, betont Welbers, für viele Eltern wichtig. "Das Kind wird nicht einfach entsorgt, sondern wie ein Mensch behandelt", sagt sie. Das entspreche dem christlichen Glauben, erklärt die Pastoralreferentin: "Das Leben beginnt mit der Befruchtung der Eizelle, das ist ein Mensch, den darf man nicht einfach als Abfall beseitigen."

Gemeinsam mit einem evangelischen Pastor organisiert Welbers die halbjährlichen ökumenischen Trauerfeiern, zu denen alle betroffenen Eltern, gleich welcher Religion oder Konfession sie angehören, eingeladen sind. Noch im Krankenhaus bekommen diese einen Flyer, der neben Kontaktadressen und hilfreichen Buchtipps eine Karte enthält, mit der sie erklären können, zur nächsten Bestattung eingeladen werden zu wollen. "Pro Halbjahr gibt es hier im Krankenhaus etwa 30 bis 40 Fehlgeburten, meist möchten fünf bis 15 Eltern eingeladen werden", erklärt Welbers, die seit Oktober in Kleve arbeitet. Zuvor war sie seit 2006 Klinikseelsorgerin im Moerser St.-Josef-Hospital, auch dort kümmerte sie sich um die "Sternenkinder" und deren Eltern.

Alle "Sternenkinder" werden in einem gemeinsamen Sarg beigesetzt, der speziell für diesen Anlass geschreinert wird. "Ein Bestatter hilft uns ehrenamtlich. Ebenfalls ehrenamtlich arbeitet eine Helferin, die für jedes der toten Kinder ein Seidentuch gestaltet. In diese Tücher gewickelt bekommen sie dann ihren Platz in dem Sarg", erklärt die Seelsorgerin. Das sei für viele Eltern ein besonders tröstlicher Gedanke: "Sie wissen, dass ihre toten Kinder nicht alleine, sondern mit anderen Kindern zusammen sind." Die Grabstätte sei ein wichtiger Ort der Erinnerung und der Trauerbewältigung, betont Welbers. "Es gibt einen gemeinsamen Grabstein mit dem Spruch ,Ihre Namen stehen im Buch des Lebens‘, dazu können Kuscheltiere, Kerzen oder Spielzeug abgelegt werden." Viele Eltern suchen sich außerdem einen Stern am Nachthimmel aus, der sie immer an ihr "Sternenkind" erinnert.

Die Seelsorgerin Judith Welbers ist im Katholischen Karl-Leisner-Klinikum/St.-Antonius-Hospital in Kleve zu erreichen, Telefon 02821 4907595 oder per Mail an die Adresse seelsorge.ahk[at]kkle.de. Auf Wunsch kann die Geburt eines toten Kindes beim Standesamt dokumentiert werden und das Kind dort einen eigenen Namen bekommen. Informationen dazu gibt es auf der Seite www.kkle.de/ahk/index.html unter dem Stichwort "Seelsorge" im Internet.

Für die katholische Kirche hat Papst Franziskus ein "Jahr der Barmherzigkeit" ausgerufen, das am 8. Dezember 2015 begonnen hat und am 20. November 2016 – dem letzten Sonntag im kirchlichen Jahreskreis – enden wird. Dieses Jahr richtet den Blick unter anderem auf die "Werke der Barmherzigkeit", die das Christentum aus der Bibel ableitet: "Hungrige speisen", "Durstige tränken", "Fremde beherbergen", "Nackte bekleiden", "Kranke besuchen", "Gefangene besuchen" und "Tote bestatten". Alle Aktivitäten im Bistum Münster zum "Jahr der Barmherzigkeit" finden sich im Internet unter www.bistum-muenster.de/Barmherzigkeit.

Bildunterschriften: Friedhof - Auf dem Friedhof an der Merowinger Straße weist ein steinerner Engel auf das Grabfeld für die Sternenkinder hin.

Text: Bischöfliche Pressestelle
Kontakt: Pressestelle[at]bistum-muenster.de
Foto: Katholisches Karl-Leisner-Klinikum Kleve