Erzbischof Lompo: „Wir müssen den Menschen auch nach einem Putsch Perspektiven geben“

, Bistum Münster, Kreisdekanat Kleve

Während nach einem offensichtlichen Putsch in Niamey, der Hauptstadt des Niger, das Militär die demokratisch gewählte Führung abgesetzt hat, ist Laurent Lompo, Erzbischof der Diözese Niamey, zu Gast im niederrheinischen Kevelaer. Noch ist unklar, was gerade in seiner Heimat geschieht, doch für den Erzbischof steht fest, dass seine Landsleute in jedem Fall Hilfe brauchen. Im Interview spricht er über die Situation in seiner Heimat.

Porträtfoto von Laurent Lompo.

Erzbischof Laurent Lompo ist derzeit am Niederrhein zu Gast.

© Bistum Münster

Können Sie schon sagen, was gerade im Niger geschieht?
Lompo Aktuell kann ich nur die Nachrichten zur Kenntnis nehmen, die Situation aber nicht bewerten, da ich nicht selber im Land bin. Wichtig ist, dass die Menschen jetzt Ruhe bewahren und die internationalen Beziehungen zu unserem Land weitergehen. Die Unsicherheit ist in den vergangenen Monaten sehr groß geworden durch den Terror, der immer wieder verübt wird. Es gibt rund 1,2 Millionen Menschen, die innerhalb des Landes auf der Flucht sind.

Wären Sie jetzt lieber vor Ort?
Lompo Auch wenn ich jetzt in Niamey wäre, könnte ich an der Situation nichts ändern. Ich bin nach Deutschland gekommen, um Hilfe zu finden für mein Volk, um Menschen das Überleben zu sichern. Diese Bemühungen werde ich fortsetzen. Wir müssen den Menschen auch nach einem Putsch Perspektiven geben.

Sie sprachen den Terror bereits an. Warum werden die Menschen vertrieben?
Lompo Betroffen ist besonders ist die Grenzregion zwischen Burkina Faso, Mali und dem Niger, dort sind Terroristen aktiv, die immer wieder Dörfer im Niger angreifen. Die Menschen haben dann vielleicht zwei Tage Zeit, ihre Sachen zu packen und alles zurückzulassen, sonst werden sie getötet. Zu sehen, wie die Menschen sich mit einem Esel und einem kleinen Päckchen auf den Weg machen müssen, ist schmerzhaft anzusehen.

Wo kommen die Flüchtlinge unter?
Lompo Sie leben in anderen Dörfern. Ein Beispiel: Es gibt ein Dorf, das 8.000 Einwohner hat – und dazu kommen nun 19.000 Flüchtlinge. Das sorgt für Probleme bei der Wasserversorgung und der Ernährung, da an vielen Stellen seit Jahren nichts mehr angebaut werden kann wegen des Terrors. Viele Menschen sind obdachlos, jetzt ist Regenzeit und es grassieren Krankheiten wie Malaria. Besonders bedrückt mich die Situation der Kinder, denn viele Schulen sind geschlossen. Sie wachsen mit Terror und in Unsicherheit ohne Schulbildung auf. Was wird das für die Zukunft unseres Landes bedeuten?

Haben Sie das Gefühl, dass Afrika angesichts des Krieges zwischen Russland und der Ukraine in Vergessenheit gerät?
Lompo Ich habe nicht nur dieses Gefühl, nein, es ist so, dass wir vergessen worden sind. Das, was in der Ukraine passiert, geschieht seit vielen Jahren auch bei uns, ohne dass es beachtet wurde. Deshalb bin ich dankbar, dass es in Deutschland so viele Menschen gibt, die uns unterstützen. Ich möchte mich bei Bischof Felix Genn bedanken für die Hilfe und bin froh, dass die Weihbischöfe Stefan Zekorn und Rolf Lohmann schon im Niger waren und wissen, wie die Situation ist. Und ich bedanke mich bei der Aktion pro Humanität sowie den Stiftungen der Familien Seibt und Keppel für ihre Unterstützung und allen anderen Menschen, die helfen.

Haben Sie überhaupt noch Hoffnung, dass sich in Ihrem Land etwas ändern kann?
Lompo Auch wenn die Situation sehr schwierig ist, war ich schon immer überzeugt davon, dass eine Veränderung möglich ist. Und mit dieser Überzeugung trete ich den Menschen gegenüber, um auch ihnen Kraft zu geben. Mit dem Wenigen, was sie haben, verlieren sie die Hoffnung nicht ganz. Hoffnung macht mir aber auch, dass es Initiativen über Ländergrenzen hinweg zwischen den Religionen gibt, um die Situation zu befrieden. Ich bin etwa Mitglied in der interreligiösen Initiative „Frieden für den Sahel“, und wir sind uns bewusst, dass es auch die Aufgabe der Religionen ist, mit allen Konfliktparteien ins Gespräch zu kommen und Frieden zu erreichen.

Inwiefern helfen Ihnen Spenden aus Deutschland?
Lompo Es kommen so viele Menschen zu mir, die schnelle Hilfe brauchen. Und auch, wenn ich ein Bischof bin: Wenn ich nichts habe außer Worte, dann kann es nicht funktionieren. Durch die Unterstützung aus Deutschland kann ich den Menschen schnell helfen und ich weiß, dass ich nach meiner Rückkehr den Leuten etwas geben kann, damit sie überleben. Bei uns sagt man: „Es sind viele kleine Flüsse, die das Meer bilden“ – jede noch so kleine Hilfe gibt den Menschen Hoffnung und Perspektive. Es tut mir gut und es tut den Menschen im Niger gut zu wissen, dass man uns nicht vergisst.

Wer Erzbischof Lompo oder die Aktivitäten der Aktion pro Humanität unterstützen möchte, kann auf folgende Konten spenden: 
Volksbank an der Niers IBAN: DE39 3206 1384 4330 1300 11
Sparkasse Kleve IBAN: DE98 3245 0000 0005 0276 51
 

Die Fragen stellte Christian Breuer, Dr. Elke Kleuren-Schryvers von der Aktion pro Humanität übersetzte das Gespräch.