Fachstelle Weltkirche bringt Vorpremiere ins Kino

, Stadtdekanat Münster

In der westdeutschen Provinz kämpfen osteuropäische Leiharbeiterinnen und Leiharbeiter des größten Schweineschlachtbetriebs des Landes ums Überleben – und Aktivistinnen und Aktivisten, die sich für deren Rechte einsetzen, mit den Behörden. In München studieren zur gleichen Zeit Schülerinnen und Schüler einer Theaterklasse das Stück „Die Heilige Johanna der Schlachthöfe“ von Bertolt Brecht ein und reflektieren über die deutschen Wirtschaftsstrukturen und ihr Verhältnis dazu.

© wirFILM/AngelaStiegler

Am Sonntag, 12. Juli, um 17.30 Uhr läuft im Cinema Münster an der Warendorfer Straße die Vorpremiere des Dokumentarfilms „Regeln am Band, bei hoher Geschwindigkeit“ von Yulia Lokshina. Der 90-Minüter, der im Oktober in die Kinos kommt, wird vorab in Kooperation mit der Fachstelle Weltkirche des Bistums Münster gezeigt. Er berichtet über die Bedingungen und Facetten von Leiharbeit und Arbeitsmigration in Deutschland und verwebt diese mit den Gedankengängen der Jugendlichen und ihrer Auseinandersetzung mit dem Probentext.

Neben der Regisseurin Yulia Lokshina wird auch Pfarrer Peter Kossen, der im Film vorkommt, bei der Vorpremiere dabei sein. Der Pfarrer der Lengericher Pfarrei Seliger Niels Stensen prangert seit 2012 die Arbeits- und Lebensbedingungen vor allem der osteuropäischen Leiharbeiter in den Schlachtbetrieben an und bezeichnet diese als „moderne Sklaverei“. „Der Film ist über einen längeren Zeitraum entstanden, hätte aber zu keinem passenderen Zeitpunkt veröffentlicht werden können“, betont Kossen.

Durch die Corona-Pandemie und die Ausbrüche in der Fleischindustrie sei die im Film dokumentierte Wirklichkeit plötzlich stark ins Licht der öffentlichen Wahrnehmung gerückt. „Es gibt so viele Orte im Münsterland, in Ostwestfalen, im Oldenburger Land, im Emsland, die sich in Handlung und Dokumentation wiederfinden werden, dass dieser Film gerade hier vor Ort eine breite Diskussion auslösen kann“, ist er überzeugt. Kossen selbst hat den Film noch nicht gesehen. „Ich habe aber gehört, er sei ‚von der ersten bis zur letzten Minute spannend‘“, berichtet der Pfarrer.

In den vergangenen Wochen hat Kossen viele Medienanfragen zu den Arbeits- und Lebensbedingungen vor allem der osteuropäischen Leiharbeiter in den Schlachtbetrieben bekommen. „Zurzeit kommen Zustände ans Licht einer breiten Öffentlichkeit, die geradezu nach Veränderung schreien.“ Menschen, Tiere und die weitere Natur würden ausgebeutet, gequält und verschlissen für Lebensmittel, die zum Spottpreis verschleudert werden, kritisiert er. Die „Nebenkosten“ für das verramschte Fleisch seien hoch. „Landwirte zahlen mit ihrer Existenz, Arbeitsmigranten mit ihrer Gesundheit und die Natur mit der Artenvielfalt und dem ökologischen Gleichgewicht. Es muss sich jetzt etwas ändern, das ist hoffentlich allen klar“, fordert er.

Der Film „Regeln am Band, bei hoher Geschwindigkeit“ wurde Anfang des Jahres als bester Dokumentarfilm beim „Filmfestival Max Ophüls Preis“ ausgezeichnet. Es ist Yulia Lokshinas Diplomfilm im Rahmen ihres Studiums der Dokumentarfilmregie an der Hochschule für Fernsehen und Film in München.

Die Vorpremiere von „Regeln am Band, bei hoher Geschwindigkeit“ beginnt am Sonntag, 12. Juli, um 17.30 Uhr im Cinema Münster. Tickets können über www.cineplex.de erworben werden.

Ann-Christin Ladermann