Heimat ist ein sehr individuelles Gefühl

, Kreisdekanat Coesfeld

Was ist meine Heimat? Was macht Heimat aus? Was verbinde ich mit Heimat? Mit diesen und weiteren Fragen startete ein ebenso unterhaltsamer wie interessanter Abend an einem ungewöhnlichen Ort. Daniel Gewand vom Projekt frei.raum.coesfeld und Christoph Aperdannier vom Netzwerk flügge für junge Erwachsene des Bistums Münster, der aus Krankheitsgründen nicht teilnehmen konnte, hatten in das Ladenlokal von Lebenslust eingeladen. Zwischen Blumen, Pflanzen und Geschenkartikeln kamen die jungen Erwachsenen schnell ins Gespräch über das Thema des Abends. Hilfreich waren dabei Karten mit Zitaten, Bilder und ein Kasten voller Gerüche.

Daniel Gewand sprach mit Philipp Mussinghoff, Jan Aleff und Michael Engelberg (von links) über das Thema Heimat im Ladenlokal von Lebenslust.

Daniel Gewand sprach mit Philipp Mussinghoff, Jan Aleff und Michael Engelberg (von links) über das Thema Heimat im Ladenlokal von Lebenslust.

© Bistum Münster

Was für sie Heimat bedeutet, darüber berichteten drei Gäste. Michael Engelbert ist Gerichtsreporter bei Bild. Der 45-Jährige ist beruflich viel unterwegs, arbeitet und schläft in seinem Bulli und liebt seinen Job. „Ich komme immer gern nach Hause. Das ist mir wichtig. Da kann ich meine Akkus aufladen“, berichtete der Religionspädagoge. Heimat sei aber nicht nur sein Zuhause in Münster, Heimat bedeute für ihn auch sein Kajak. „Das ist ein wichtiger Ausgleich zu dem, was ich mache“, sagte er. Die Perspektiven von Heimat und Zuhause würden sich mit der Zeit ändern. Kamp-Lintfort sei beispielsweise der Ort, an dem er aufgewachsen sei. Ein Zuhause habe er nur dort, wo seine Mutter lebe. „Allerdings war ich vor zwei Wochen bei einem Besuch sehr beseelt, weil hunderte von Menschen in Kamp-Lintfort gegen rechte Hetze demonstriert haben“, berichtete er.

Für Jan Aleff ist Heimat unter anderem dort, wo er Menschen kennt, mit denen er spontan Kaffeetrinken kann. „Für mich hat Heimat mehr mit Menschen und Beziehungen und nicht mit Orten zu tun“, berichtete der 38-Jährige, der im vergangenen Jahr zum Priester geweiht wurde und seitdem als Kaplan in Geldern tätig ist. In den vergangenen Jahren habe er mehrmals seinen Wohnsitz wechseln müssen. „Und ich weiß, dass es in drei Jahren für mich wieder woanders hingeht“, sagte er. Ein Jahr brauche er, um in einem System anzukommen. Was ihn trage sei das Wissen, dass er immer ein Teil von Heimat der Menschen sei. „Ich habe das Privileg, vier Jahre mit Jugendlichen zu arbeiten und in ihrem Umfeld präsent zu sein. Wenn ich nicht mehr in Geldern sein werde, bin ich aber vielleicht ein guter Teil ihrer Erzählungen“, hoffte er.

Zurück zu den Wurzeln ist Philipp Mussinghoff gegangen. Der gebürtige Rosendahler lebt seit drei Jahren mit seiner Familie in seinem Elternhaus in Osterwick. „Das hätte ich mir früher nie vorstellen können“, gab der 38-Jährige zu, der als Lehrer am Nepomucenum in Coesfeld tätig ist. 15 Jahre hat er in Münster gelebt. „Und dann kommt man zurück und es ist, als wäre man nie weg gewesen“, hat er festgestellt. Jedoch sei der Ort nicht vorrangig seine Heimat, sondern die spüre er durch die Familie und neue Menschen, die er jetzt beispielsweise über seine Kinder kennenlerne. Als Kind habe er das Dorf als eine große Freiheit erlebt. „Das war wie ein riesiger Spielplatz. Ich hoffe, dass es für unsere drei Jungen ebenso die große Freiheit ist“, sagte er. Nichts desto trotz könne er es sich gut vorstellen, später irgendwann einmal in eine Großstadt zu ziehen.

Am Ende des Abends, zu dessen Erkenntnis auch gehörte, dass sich Heimat nicht definieren lasse und der Begriff sehr individuell geprägt sei, erhielten die jungen Erwachsenen vier Blüten mit Fragen. „Und als Zusage möchte ich euch noch ein Bibelzitat mitgeben: ‚Leg deine Schuhe ab. Der Ort, wo du jetzt stehst, ist heiliger Boden‘. Der Ort, an dem ihr jetzt seid, ist gut. Und für das, wo ihr nun seid oder in ein paar Jahren sein werdet, wünsche ich euch Gottes Segen“, verabschiedete Gewand die Teilnehmenden.

Michaela Kiepe