Jenseitsvorstellungen von Kindern und Jugendlichen

Kinder brauchen Menschen, die Trauer aushalten. Evy Billermann weiß, wovon sie spricht, denn sie arbeitet als Sterbe- und Trauerbegleiterin in einem Hospiz in Emsdetten.

Und hat dabei "die schönste Aufgabe der Welt", so erzählte sie am Dienstag (1. Oktober 2013) Teilnehmern einer Tagung im münsterschen Franz-Hitze-Haus, die sich mit Jenseitsvorstellungen Jüngerer befasste: Wie sieht der Himmel für Kinder und Jugendliche aus? Was prägt ihre Vorstellungen vom Leben nach dem Tod?

Herkunftsfamilie, Kultur und Religion bestimmen, wie Menschen mit dem Tod umgehen. "Kinder spiegeln, was sie bei Erwachsenen sehen", ermunterte die Referentin ihre Zuhörer, sich der eigenen Überzeugungen immer neu zu versichern, um sie authentisch gegenüber Kindern und Jugendlichen zu leben. "Wer schon im Kleinen immer Instant-Tröstungen, quasi Ablenkungen vom Schmerz, parat hält, der nimmt dem Gegenüber die Chance, den Umgang mit Trauer und Ängsten zu lernen." Gerade auch, wie man von einem Leben nach dem Tod, von Himmel und Hölle spreche, beeinflusse Kinder ihr Leben lang.

"Papas Seele ist immer bei Dir", hatte eine Mutter ihrem Sohn nach dem Tod des Vaters – als liebevolle Tröstung gemeint – gesagt. Mit ungeahnten Folgen: Der Neunjährige konnte den Begriff "Seele" nicht mit ihm verständlichem Inhalt füllen und sah jede Nacht nun den toten Leib des Vaters vor sich. Das ängstigte ihn so stark, dass er das Bett nicht verlassen konnte, nicht einmal für den Toilettengang. Erst durch die richtigen Fragen und Ermutigung, die Situation zu malen, kam ans Licht, wie der Junge litt.

Zeichnungen sind für Evy Billermann auch ein direkter Zugang zu den Vorstellungen gerade jüngerer Kinder vom Jenseits. "Wo ist Oma jetzt? Wie geht es meinem Papa im Himmel?" – diese Fragen beschäftigen Kinder meist intensiv. Stereotype Antworten wie "Oma sitzt jetzt auf einer Wolke", "Papa ist ein Stern" oder "Mama sieht Dir vom Himmel aus immer zu" begrenzen die heilende Fantasie, mit der Kinder erstaunliche Bilder von einem Leben jenseits des toten Körpers ausmalen.

"Wenn wir ehrlich sind, wissen wir Erwachsenen doch auch nicht mehr über das Paradies als das, was die Kinder sich vorstellen", so Billermann: "Wir wünschen uns – wie sie, dass es den Verstorbenen gut geht ("Opas appes Bein ist wieder ‘dran"), dass sie glücklich sind ("Mama kocht Hühnersuppe dort") und alles tun können, was ihnen gut tut ("Oma fährt Fahrrad").

Zauberhafte Geschichten habe sie von trauernden Kindern gehört, weise Worte und wunderbare Beschreibungen eines Lebens nach dem irdischen Tod. "In ähnlichen – aber eben viel erwachseneren – Bildern beschreibt doch auch die Heilige Schrift das Paradies", plädiert Evy Billermann für die heilende Wirkung altersgemäßer Symboliken. "An der Tafel Gottes zu sitzen, ist für Erwachsene ein gutes Wort, aber für Kinder ist ein Bild vom Garten, in dem die Mama unter einem Apfelbaum in der Sonne sitzen kann, viel näher".

Kommt Gott in den Jenseits-Vorstellungen der Kinder und Jugendlichen vor? "Ja, mal wohnt er in einem Rathaus, hat manchmal wenig Zeit, alle Gestorbenen im Himmel zu begrüßen", erlebt die Trauerbegleiterin häufig eine eher distanzierte, emotionslose Beziehung: "Gott lebt für sie im Himmel, aber er berührt trauernde Kinder nur selten."

Ein besonders schönes Beispiel aber hat Evy Billermann dann doch noch für die Zuhörenden parat: "Ein Kind malte lauter Häuser, in denen verstorbene Bekannte im Himmel wohnen. Jedes bekam die Hausnummer 1. Auf ihre Nachfrage, warum das so sei, kam die Antwort: "Ist doch klar: Bei Gott sind doch alle die Nummer eins!"

Text: Bischöfliche Pressestelle
Kontakt: pressestelle[at]bistum-muenster.de