Lebenschronik des seligen Karl Leisner in Münster vorgestellt

Ein schlichter Tisch, auf dem die 4.394 Seiten umfassenden fünf Bände nebeneinander aufgereiht sind:

dieses nüchterne Bild im Zentrum des Podiums lässt am Dienstagabend (10. Februar) im Bischöflichen Priesterseminar Borromaeum in Münster nur annähernd erahnen, dass von den erhaltenen Schriften eines Seligen des Bistums Münster wichtige Impulse ausgehen können, die gerade aufgrund der heutigen Konflikte in den Krisengebieten der Welt nichts an Aktualität verloren haben: es geht um Karl Leisner und um seine "Lebenschronik".

Zu einer tiefergehenden Lektüre besteht ab sofort die Möglichkeit: denn an diesem Abend wird die Gesamtausgabe des Nachlasses Karl Leisners vorgestellt, die im Auftrag des Internationalen Karl-Leisner-Kreises (IKLK) vom Theologen und ehemaligen Spiritual am Borromaeum, Pfarrer Hans-Karl Seeger und von Oberstudienrätin Gabriele Latzel zum 100. Geburtstag Leisners am 28. Februar im Verlag Butzon & Bercker herausgegeben wurde.

Subregens Jochen Kosmann begrüßt die über 80 Gäste, unter denen sich auch zahlreiche Vertreter aus Politik, Kirche und Medien befanden. "Für uns ist es heute eine ganz besondere Freude und Ehre, dass dieser Abend hier stattfinden kann, um einen ehemaligen Bewohner unseres Hauses zu würdigen.", lässt er die Zuhörer wissen. Leisner wohnte in der Zeit seines Studiums ab 1934 selbst im Theologenkonvikt am Domplatz.

Der Bischof von Münster, Dr. Felix Genn, dankt zunächst Herausgeber Hans-Karl Seeger für sein langjähriges Engagement in der Karl Leisner-Forschung. Danach verweist er auf die bleibenden Werte, die das geistige und schriftliche Erbe Leisners gerade jetzt im aktuellen Licht erscheinen ließen. "In einer Zeit, in der wir in Europa vor der Bedrohung eines Krieges in der Ukraine stehen, geht von der Aussage Karl Leisners ‚Segne auch, Höchster, meine Feinde!‘ ein Zeichen aus", sagt der Bischof. Diesen Ausführungen schließt sich Münsters Oberbürgermeister Markus Lewe an. "Wenn man die Gebete und Worte sieht, die auch in schlimmster Zeit bei Karl Leisner von Hoffnung geprägt waren, dann ist das ein wichtiges Signal in unsere Gesellschaften hinein, das auch Vorbild sein kann.", führt Lewe aus. Wenn es gelinge, etwas von dem ‚Spirit‘ Karls Leisners in die Herzen und den Verstand der Menschen hineinzutragen, dann sei das vorgestellte Gesamtwerk etwas, auf das viele gewartet hätten. "Solche Zeichen der Hoffnung sorgen dafür, dass unsere Städte und die Menschen warmherziger werden", sagt Lewe.

Als Vertreter des Verlages schildert Seniorchef Dr. Edmund Bercker Erlebnisse aus seiner Jugendzeit in den Nachkriegsjahren, die ihn tief geprägt hätten. Nicht nur unter diesem Hintergrund sei ihm die Weitergabe des Werkes Leisners an die kommenden Generationen eine Herzensangelegenheit. Herausgeber Hans-Karl Seeger verdeutlicht anschließend anhand einzelner Beispiele aus den Textquellen, dass der vorgestellten Publikation jahrelange Recherchen, Befragungen von Zeitzeugen und aufwändige Archivarbeiten vorausgegangen seien. "Die Lebenschronik bietet nun eine Grundlage zur weiteren Forschung über Karl Leisner", sagt Seeger. Mitherausgeberin Gabriele Latzel zeigt sich durch die Auseinandersetzung mit der Person und in vielfältiger Weise mit dem Bistum Münster verbundenen Seligen begeistert: "Mich hat vor allem Karl Leisners kritische Einstellung gegenüber dem Nationalsozialismus, seine Weite und Offenheit gegenüber Andersgläubigen und anderen Nationalitäten, sowie sein Traum von einem christlichen Europa beeindruckt.", lässt Latzel die Zuhörer wissen. Christa Bockholt, die ebenfalls bei der Erstellung der Gesamtausgabe mitgewirkt hat, lädt schließlich mit Tagebuchauszügen dazu ein, die Gedankenwelt und Sprache des Seligen kennenzulernen, die in Abschnitten auch durch ihren poetischen Charakter auffällt.

Hintergrund: Die im Kevelaerer Verlag Butzon & Bercker erschienene, fünfbändige Veröffentlichung macht erstmals als Ganzes die Tagebücher und Briefe des gebürtigen Niederrheiners Karl Leisner, der 1939 durch die Nationalsozialisten verhaftet wurde, im August 1945 starb war und dessen Seligsprechung 1996 erfolgte, der Öffentlichkeit zugänglich. Die ersten drei Bände, die den Zeitraum von 1928 bis 1946 darstellen, werden im vierten Band durch eine Chronologie familiärer und gesellschaftlicher Ereignisse aus dem Leben Karl Leisners ergänzt. Auch ein Glossar, das weitergehende Informationen zum Lebensumfeld enthält und die prägenden Zeitumstände näher beleuchtet, gehört im fünften Band zur vorgestellten Sammlung. Die "Lebenschronik" ist zum Preis von 139 Euro im Buchhandel erhältlich.

Text: Bischöfliche Pressestelle
Kontakt: Pressestelle[at]bistum-muenster.de