„Mit Blick auf die Geschichte ist es unsere Verpflichtung und Verantwortung, eine solche Darstellung zu thematisieren“, erklärte Dompropst Kurt Schulte bei einem Pressegespräch am 5. April in Münster. Das Relief könne so gedeutet werden, dass es erlaubt sei, das Judentum oder auch jeden Nichtglaubenden zu missachten oder zu unterdrücken. „Diese theologische Auffassung ist nicht richtig und widerspricht fundamental unserer Grundüberzeugung“, betonte Schulte. Künstler seien Menschen ihrer Zeit, verhaftet im Denken und in der Theologie ihrer Zeit. Heute aber sei es notwendig – um jedem Missverständnis vorzubeugen – auf das richtige Verständnis hinzuweisen. Das werde künftig nicht nur mit der Broschüre geschehen. Auch bei Domführungen, in anderen Publikationen und im Internet werde man die Darstellung zum Thema machen.
„Höchste Zeit, sich von der Darstellung zu distanzieren“, wird es auch aus Sicht von Sharon Fehr, Vorsitzender der jüdischen Gemeinde in Münster. Er freue sich über das „mutige und konsequente Vorgehen“ des Domkapitels. „Wir schätzen den über Jahrzehnte gewachsenen christlich-jüdischen Dialog in Münster sehr“, betonte er. Wenn sich einerseits um einen fairen und ernsten Austausch bemüht werde, müsse andererseits auch gerade antisemitische Darstellungen im kirchlich-öffentlichen Raum ausdrücklich widersprochen werden. „Darüber zu sprechen hat auch etwas mit Glaubwürdigkeit zu tun“, lobte er.
Den Anstoß hatte neben Bischof Dr. Felix Genn unter anderem Domkapitular Dr. Ferdinand Schumacher gegeben. Der Vorsitzende der Gesellschaft für Christlich-Jüdische Zusammenarbeit in Münster hatte sich im St.-Paulus-Dom auf die Suche nach Hinweisen auf das Judentum begeben. Kaum ein Besucher ohne das Wissen um das Marienrelief über den Türstürzen, nehme dieses wahr. Aus eigener Erfahrung erklärte er: „Wenn man es aber dann entdeckt hat, wird es unerträglich und man kann es nicht einfach so stehenlassen.“
Ann-Christin Ladermann