Ratzinger-Nachfolger referierte auf Klausurtagung

, Kreisdekanat Recklinghausen

31 Jahre ist er jung und schon seit zwei Jahren Inhaber eines ruhmreichen Lehrstuhls an der Uni Münster: Prof. Dr. Michael Seewald gilt nicht nur in der katholischen Theologie als "Ausnahmewissenschaftler", wie seine fachgebietsfremden Preise belegen. Die hauptamtlichen Seelsorgerinnen und Seelsorger aus Recklinghausen wissen nun warum. Auf ihrer dreitägigen Klausurtagung im katholischen Bildungszentrum Wasserburg Rindern erlebten die 25 Teilnehmer Seewald als kenntnisreichen Referenten zum Thema "Sprache und Liturgie".

Einer der Vorgänger von Seewald am Münsteraner Lehrstuhl für Dogmatik und Dogmengeschichte war Joseph Ratzinger, der heute emeritierte Papst Benedikt XVI.
In Gruppenarbeit und Plenums-Diskussionen drehte es sich zunächst um die Rolle der Sprache, unter anderem auch in Liebesgedichten. Auch sie wollen in Worte fassen, was eigentlich nicht in Worte zu fassen sei, erklärte Seewald den zunächst verdutzten Priestern sowie Pastoralreferentinnen und -referenten aus Gemeinden und katholischen Einrichtungen wie die Telefonseelsorge oder das Kreisbildungswerk. Nach dem Lyrik-Exkurs gestand Seewald: „Ein Patentrezept, welche Sprache zu nehmen ist, gibt es nicht. Zumindest kenne ich es nicht.“ Er riet jedoch, ganz nah bei sich zu bleiben: „Sie müssen ihre Sprachwelt zum Ausdruck bringen.“ Die Gläubigen müssten die Botschaft der Bibel verstehen. Mit der Sprache sei in der Liturgie auch „pastoral klug“ umzugehen. „Was die Bischöfe sagen, haben wir so umzusetzen, dass nicht ankommt, wie sie es meinen. Diese Spannung ist unser Geschäft“, sagte Seewald spitz.

Ein Thema war auch die sogenannte „Leichte Sprache“, die mit kurzen Sätzen und ohne Fremdwörter auskommen will. Der Seelsorger müsse hier ein „richtiges Maß“ finden. Der promovierte Theologe empfahl: „Man darf die Anstrengungen nicht aufgeben, aber sich auch vom Druck entlasten, es allen recht machen zu wollen.“ In der sogenannten Gender-Debatte führe kein Weg an einer geschlechtergerechten Sprache vorbei. Auch wenn Sprache in der Diskussion „ein ideologisierter Raum“ werde und schließlich niemand mehr wisse, was man sagen darf, ohne angegriffen zu werden. Seewald sparte ein weiteres Mal nicht an Kritik an der katholischen Amtskirche: „Wir inszenieren damit eine geschlechtergerechte Kirche, die sie aber nicht ist.“

Bildunterschrift:

Im katholischen Bildungszentrum „Wasserburg Rindern“ diskutierten die hauptamtlichen Seelsorgerinnen und Seelsorger aus den Recklinghäuser Gemeinden und Einrichtungen wie Telefonseelsorge und Kreisbildungswerk mit Prof. Dr. Michael Seewald (2.v.l.) über Sprache und Liturgie.

Foto: Kreisdekanat Recklinghausen/Michael Richter