„Wir sind eine internationale Gemeinschaft mit weltweit rund 1300 Schwestern. In Deutschland gibt es zwei Provinzen. Eine wird von der Rheininsel Nonnenwerth aus verwaltet, die andere von Lüdinghausen aus“, berichtet Schwester Judith. Eine Fusion der Provinzen, die andere Gemeinschaften bereits vollzogen hätten, käme für die Franziskanerinnen nicht in Frage. „Wir sind unterschiedlich geprägt, und die Provinzen arbeiten sehr eigenständig“, erklärt die 57-Jährige, die seit elf Jahren in der Gastkirche und im Gasthaus in Recklinghausen als Pastoralreferentin arbeitet und in der dortigen Kommunität mit einer Missionsschwester, zwei Canisianerbrüdern sowie einem Diözesanpriester lebt.
Der Altersdurchschnitt der 36 Schwestern, die zum Antoniuskloster in Lüdinghausen gehören, liegt über 80 Jahre. „Die Herausforderung der Zukunft ist es, wie es mit einer sinkenden Zahl an Schwestern weitergeht“, sagt Schwester Judith. Wichtig sei es, den Schwestern ein gutes Zuhause bis zu ihrem Lebensende zu geben. „Das Seniorenheim Antoniushaus und auch das Antoniuskloster haben wir an die Angela von Cordier-Stiftung gegeben. Sie wird das Kloster Stück für Stück übernehmen, wenn es für uns zu groß wird“, erklärt die Provinzoberin. Auch die Rolle der älteren Schwestern ändere sich. „Wir zeigen in unserem Leben, in unseren Tätigkeiten, dass uns die Gottesfrage wichtig ist. Was wir durch unser Handeln und Tun zeigen, bezeugen die älteren Schwestern durch ihr Sein und ihr Vertrauen auf Gott. Sie sind im Gebet für die Menschen da, die in Nöten sind“, erklärt Schwester Judith, die sich mit 25 Jahren für ein Leben im Orden entschieden hat.
Über die Arbeit in der Gastkirche und im Gasthaus erfährt sie viel von den Nöten und Sorgen der Menschen. „Da wünsche ich mir von der Kirche auch einen deutlichen Wandel. Sie hält an alten Strukturen fest, die mit Jesus Christus, der gesellschaftliche Barrieren übersprungen hat, nichts zu tun haben. Die Kirche muss Antworten auf die Nöte der Zeit und auf das, was die Menschen bewegt, finden“, ist sie überzeugt.
Auf der einen Seite freut sich Schwester Judith über das Vertrauen, das die Schwestern mit der Wahl zur Provinzoberin in sie setzen, auf der anderen Seite bedauert sie, dass sie ihre Tätigkeit in Recklinghausen reduzieren muss. „Ich werde in Recklinghausen wohnen bleiben, aber auch viel Zeit in Lüdinghausen verbringen. Ich freue mich auf den Kontakt zu den Mitschwestern und will schauen, was die Einzelne braucht“, erklärt sie.
Michaela Kiepe
Bildunterschrift:
Das Provinzkapitel hat (von links) Schwester Susan Stader zur Rätin, Schwester Judith Kohorst zur Provinzoberin und Schwester Mathilde Haßenkamp zur ersten Assistentin gewählt. Foto: Franziskanerinnen von Lüdinghausen