„Seelsorge braucht Nähe, die Pandemie braucht Distanz“

, Kreisdekanat Steinfurt

Die strengen Besuchsregeln in den Krankenhäusern und Senioreneinrichtungen während des ersten Lockdowns seien die schlimmste Entscheidung in seinem bisherigen politischen Leben gewesen. Das gestand NRW-Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann am 2. März den Pfarrern und Vertretern der katholischen Gremien aus dem Kreis Steinfurt. Um sich über die Situation in Kirche und Gesellschaft während der anhaltenden Corona-Pandemie auszutauschen, trafen sie sich zu einem digitalen Gespräch.

Zu einem digitalen Austausch trafen sich Pfarrer und Gremienvertreter aus dem Kreis Steinfurt mit NRW-Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann.

Zu einem digitalen Austausch trafen sich Pfarrer und Gremienvertreter aus dem Kreis Steinfurt mit NRW-Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann.

© Bistum Münster

Gleich zu Beginn brachte Kreisdechant Dr. Jochen Reidegeld die Lage aus Sicht der Pfarreien auf den Punkt: „Seelsorge braucht Nähe, die Pandemie braucht Distanz.“ Dieser Widerspruch erschwere manches Handeln vor Ort. Doch zeigte sich der Kreisdechant optimistisch: „Wir probieren Neues aus, auch wenn es Bewährtes nicht einfach ersetzen kann“, erklärte er und nahm dabei unter anderem die Gottesdienste in den Blick, die in vielen Pfarreien als Hybrid-Angebote ins Internet übertragen werden.

Viel mehr Sorge bereiten Reidegeld die Auswirkungen der Pandemie auf die Gesellschaft: „Die vorher schon Benachteiligten sind besonders stark betroffen“, nannte der Kreisdechant beispielsweise die Alleinerziehenden: „Die Pandemie legt Wunden noch einmal deutlicher offen.“

Der Minister bestätigte die genannten Herausforderungen der Pandemie – und suchte nach einer Lösung für Lockerungen: „Wir müssen an der Test- und Impfstrategie arbeiten“, erklärte Laumann. Das sei klarer Auftrag für die kommenden März-Wochen. Welche Konsequenzen beispielsweise für die Geschäftsöffnungen daraus gezogen werden können, der Minister wollte sich nicht festlegen: „Das Impfen in den Senioreneinrichtungen hat erheblich geholfen“, zeigte er sich auch für andere Bereiche zuversichtlich.

Wie oftmals dramatisch die Situation in den Krankenhäusern ist, schilderte Andrea Wesselmann, Seelsorgerin aus dem UKM Marienhospital in Steinfurt: „Ich habe in den vergangenen Monaten viele Menschen allein sterben sehen, viele einsam und isoliert erlebt.“ Sich nicht verabschieden, nicht da sein zu können, werde Angehörige ein Leben lang belasten, zeigte sich Wesselmann überzeugt.

Aus den Reihen der Gremienvertreter kam der Hinweis, dass die Situation von Menschen mit Behinderungen in der Pandemie medial zu wenig Beachtung finden würde. Doch gerade sie hätten es beispielsweise durch das Tragen von Masken schwer, weil sie häufig auf die Gestik und Mimik ihres Gegenübers angewiesen seien. Der Minister bedankte sich in diesem Zusammenhang bei den vielen Mitarbeitenden in den Werkstätten und betonte, dass es ihm wichtig gewesen sei, diese im zweiten Lockdown nicht zu schließen und die Menschen mit und ohne Behinderungen möglichst schnell zu impfen.

Laumann lobte am Ende die Religionsgemeinschaften in Nordrhein-Westfalen für ihr verantwortungsvolles Vorgehen seit Beginn der Pandemie – ganz ohne staatliche Regulierungen. Die von den Pfarreien erstellten Hygienekonzepte bezeichnete Kreisdechant Reidegeld als „Ausdruck unserer Verantwortung für die Menschen“.

Gudrun Niewöhner