Seit zehn Jahren: Drei Gemeinden, drei Traditionen, eine Kirche

, Bistum Münster

Die berühmte Darstellung der schwarzen Madonna von Tschenstochau (Polen) befindet sich ganz in der Nähe des Gnadenbildes Unserer Lieben Frau von Guadalupe (Mexiko), und ein Stück weiter begegnet der Betrachter einer Statue des heiligen Antonius von Padua. So unter-schiedlich diese Darstellungen sind, so werden sie doch in einer Kirche verehrt. Denn die katholische St.-Antonius-Kirche in Münster ist Heimat für gleich drei Gemeinden. Hier feiern die polnischsprachige Gemeinde Münster, die spanischsprachige Gemeinde Münster und die tamilischsprachige Gemeinde ihre Gottesdienste. Außerdem nutzt die Pfarrei St. Joseph Münster-Süd Teile des Gotteshauses – Multikulti in der Kirche, und das seit runden zehn Jahren. Ende 2008 stellte das Bistum Münster den Katholiken anderer Muttersprache das Gebäude zur Verfügung.

Der bischöfliche Beauftragte für die muttersprachlichen Gemeinden ist im Bistum Münster der emeritierte Weihbischof Dieter Geerlings. Er erzählt, dass man nach der Fusion der ehemals selbstständigen Kirchengemeinde St. Antonius mit St. Joseph überlegt habe, wie man das Kirchengebäude künftig nutzen könne. „Die polnischsprachige Gemeinde war damals auf der Suche nach einer festen Kirche und wünschte sich Stabilität – die konnten sie in der Antoniuskirche finden.“ Die spanisch- und tamilischsprachigen Gläubigen seien wenig später hinzu gekommen.

Die Absprache untereinander klappt aus Sicht des Weihbischofs gut. Die spanisch- und die polnischsprachige feiern jeden Sonntag eine Heilige Messe in St. Antonius, die tamilischsprachige am letzten Sonntag jedes Monats.

Trotz der gleichen Umgebung: Die Gottesdienstfeiern unterscheiden sich in ihrer Gestaltung deutlich. „Bei den Tamilen spielen Farben und Düfte eine sehr große Rolle“, weiß Geerlings, „in jedem Gottesdienst werden Räucherstäbchen eingesetzt. Die Gläubigen sind eigens für die Feier bunt gekleidet und nutzen viele für uns fremdartige Musikintrumente.“

Musik spiele auch für die polnischsprachigen Gemeinde eine große Rolle. „Zum Gottesdienst gehört viel Gesang, und von jedem Lied werden mehrere Strophen gesungen“, beschreibt der Weihbischof. Auch die spanischsprachige Gemeinde feiere Gottesdienste mit viel Musik und Bewegung.

Darüber hinaus zeichneten sich alle drei Gemeinden dadurch aus, dass sie ihren Mitgliedern beim Einleben in Münster und Umgebung begleiten – je nach Bedarf. So sei die polnischsprachige Gemeinde beispielsweise eine wichtige Anlaufstelle für Saisonarbeiter und bei sozialen Problemen.

Mindestens ebenso wichtig wie diese individuellen Merkmale ist aber aus Geerlings Sicht das Verbindende. Das pflegen die drei Gemeinden beim jährlichen Antoniusfest und der gemeinsamen Fronleichnamsprozession – eine Gemeinschaft, die sich Geerlings für alle Katholiken wünscht. „Denn wenn man die Bezeichnung ,katholisch‘ richtig versteht, meint sie nicht Homogenität, sondern ,Einheit in Vielfalt‘“, sagt er.

Entsprechend wertvoll sei es, dass Katholiken anderer Muttersprache zusätzlich zur Zugehörigkeit zu der Pfarrei ihres Wohnorts auch die Glaubensgebräuche ihrer Herkunftsländer pflegen. Geerlings ist überzeugt: „Ihren ureigenen Glauben in Sprache, Ritus und Verhalten immer mal wieder zu leben macht Menschen stark, ihren Glauben auch in die deutsche Gesellschaft einzubringen.“ Deswegen sei es wünschenswert, dass der Kontakt der Gemeinden untereinander und zu einheimischen Gemeinden „über die Absprache zur Nutzung von Räumen“ hinausgehe – ein Wunsch, für den ein gemeinsames Gotteshaus wie die Antoniuskirche beste Voraussetzungen bietet.

Anke Lucht

Bildunterschrift: Gemeinsam mit Weihbischof em. Dieter Geerlings feierten die Gemeinden im März 2018 die Wiedereröffnung der Antoniuskirche nach zehnmonatiger Renovierung.

Foto: Bischöfliche Pressestelle / Ann-Christin Ladermann