Sinfonieorchester Münster gibt Konzert in der Friedensschule

, Stadtdekanat Münster

Ein dumpfer Knall – die Pauke imitiert den Abwurf der Atombombe auf Hiroshima 1945. Schrill, gar klagend lassen die Musiker des Sinfonieorchesters Münster ihre Instrumente in der Aula der Bischöflichen Friedensschule erklingen, wo sich alle Schülerinnen und Schüler der Oberstufe versammelt haben. Mucksmäuschen still ist es dort während des Stückes „Threnos“, komponiert von Krzysztof Penderecki und gewidmet den Opfern der Atombombenabwürfe. Eindrucksvoll hatten die Schülerinnen und Schüler des Musikkurses aus der Q1 das Stück zuvor in den politischen Kontext eingeordnet und eine Familienszene am Morgen des Abwurfes nachgespielt. Musik und Politik mit allen Sinnen erleben – das ermöglicht am 7. März das Konzertprojekt „Musik+“ mit dem Sinfonieorchester.

Eindrücklich machten die Schüler die Angst szenisch deutlich, die das Leben von Komponist Dmitri Schostakowtisch zu Zeiten Stalins prägte.

© Bistum Münster

Generalmusikdirektor Golo Berg hatte die Konzertreihe im vergangenen Jahr mit nach Münster gebracht und nach dem Gymnasium Paulinum nun zum zweiten Mal an einer münsterischen Schule umgesetzt. Musik wird dabei durch ein übergeordnetes Thema mit einem anderen Schulfach verknüpft – die Friedensschüler entschieden sich für Politik. Unterstützt von Musiklehrerin Anna Labonté sowie Musikpädagogin Ilka Roßbach entwickelten sie in den vergangenen Wochen ein einstündiges Konzertprogramm, schrieben Moderationen und probten szenische Elemente. 

„Politik hat viele Verbindungen zur Musik, weil jedes Stück in einer bestimmten politischen Zeit entstanden ist“, erklärt Lehrerin Anna Labonté. So sei Musik ein geeignetes Mittel, um Überzeugungen, Lebensgefühle oder Protest zu transportieren. Beginnend mit „America“ aus der „West Side Story“ von Leonard Bernstein, bei dem nationale Rivalitäten und enttäuschte Hoffnungen eine Rolle spielen, erleben die Oberstufenschüler mit der „Fanfare for the Common Man“ von Aaron Copland einen Beitrag zu den Kriegsanstrengungen und zum Feiern der amerikanischen Demokratie. 

Auch die deutsche Nationalhymne erklingt: Die Entwicklung vom Kaiserlied zum Volkslied erklärt das Schüler-Trio Franziska Griepentrog, Miriam Noel Fernando und Mathias Teledezki, das durch das Programm führt. In vielen Teilen Deutschlands hätten 1841 Zensur und politische Unterdrückung geherrscht, die Deutschen hätten sich nach Einheit, Recht und Freiheit gesehnt, so wie es besungen wird. 

Eine individuelle Reaktion auf eine politische Situation hören die Schüler mit dem vierten Satz aus der 5. Sinfonie des russischen Komponisten Dmitiri Schostakowitsch, der zu Zeiten Stalins lebte und komponierte. Szenisch präsentieren die Jugendlichen seine Angst vor Verhaftung und Ermordung. „Die 5. Sinfonie schrieb er, um sich und sein Umfeld zu schützen“, erklären die Schüler. Lange Zeit sei das Marschfinale als Verherrlichung des Regimes angesehen worden. Allerdings könne es auch als ein Stück gegen Stalins Regime gedeutet werden: „Der Jubel des Triumphmarsches klingt beinahe überdreht, so als sei er von außen unter Drohung erzwungen worden.“ 

Viel Applaus gab es am Ende für alle Beteiligten, besonders für die Mitglieder des Sinfonieorchesters und den Musikdirektor. „Das war mal eine ganz andere Form, Inhalte zu lernen und miteinander zu verknüpfen“, findet die 17-jährige Miriam Noel Fernando. „Auf jeden Fall hat es sehr viel Spaß gemacht!“

Ann-Christin Ladermann