Lichterketten an der Bühne, elektrische Kerzen auf den Tischen, abgedunkelte Fenster, kleine Tischgruppen und gemütliche Sitznischen im Raum verteilt: Wer am Mittwochmorgen die Aula des Bischöflichen Gymnasiums Johanneum auf der Loburg betreten hat, erkannte den sonst in präzisen Reihen bestuhlten Versammlungsort kaum wieder. Erstmals öffnete das „Soul-Café“ in den Pausen seine Türen – eine Idee, die Schulseelsorgerin Franzis Niehoff mit einigen Jugendlichen der Schülervertretung (SV) und der Beratungslehrerin Sakina Blömker entwickelte hatte.
„Wir haben uns die Frage gestellt, wie wir den Schulalltag schöner machen und Oasen schaffen können, in denen wir zur Ruhe kommen können“, berichtet Theresa (16) von den ersten Gedanken. Stressige Prüfungswochen im November, dazu das triste Winterwetter: Viele Schülerinnen und Schüler hätten sich nach einer Unterbrechung im Alltag gesehnt. „Das können schon kleine Dinge sein“, sind sich Theresa und ihre SV-Kolleginnen Jona, Mira, Lea und Annalena einig. Eine andere Atmosphäre schaffen als die in der oft vollen und lauten Pausenhalle, dazu den ein oder anderen freiwilligen Impuls geben, um miteinander ins Gespräch zu kommen. Das Vorbereitungsteam hat dazu Fragen ausgewählt, auf Karten geschrieben und auf den Tischen verteilt. Auch zum Kartenspiel „Black Stories“ kann gegriffen werden.
Der Plan geht auf: Schon in der ersten Pause sind alle Tische belegt. Von der Unterstufe bis zur Oberstufe kommen Schüler, die sich am Stand der künftigen Abiturienten mit Kuchen oder Keksen sowie einem Kakao oder einem Kiba (Kirsch-Bananensaft) eindecken. Eine Win-Win-Situation, denn die älteren Schüler bessern mit den Einnahmen ihre Jahrgangskasse auf, zum Beispiel um den Abiball finanzieren zu können.
Viele Schüler kommen in der zweiten Pause wieder, so wie die Sechstklässlerinnen Cosima, Lea, Nia, Marika und Marit. „Hier ist es viel ruhiger, die Stimmung ist schön und man kann sich mit seinen Freundinnen etwas entspannen, bevor es weitergeht“, erklärt Lea. In der ersten Pause haben sie sich über die Frage „Womit kann man dir eine Freude machen?“ unterhalten, jetzt greifen sie zur Karte „Was war dein erster Gedanke heute Morgen?“. „Also ich hätte gern noch länger geschlafen“, weiß Cosima, „und ich hatte Hunger“, erinnert sich Marit lachend.
„Wir möchten die Schülerinnen und Schüler mit dem Soul-Café nochmal anders in Kontakt bringen und selbst Präsenz zeigen“, erklärt Franzis Niehoff die Beweggründe für das Pilotprojekt. Der Bedarf an Einzelgesprächen, ob mit der Seelsorgerin oder einer Beratungslehrkraft, habe zugenommen, so ihre Beobachtung. Manche seien aber gehemmt, einen Gesprächstermin zu vereinbaren. „Hier können wir Gesicht zeigen und unverfänglich miteinander ins Gespräch kommen“, verdeutlicht die Schulseelsorgerin.
Auch einige aus dem Lehrerkollegium hätten das „Soul-Café“ aufgesucht, freut sich Sakina Blömker. Möglicherweise sei es nach dem Erfolg der Premiere denkbar, das Aula-Café samt Gesprächsimpulsen auch in anderen Kontexten einzusetzen, beispielsweise für Eltern während des Elternsprechtages.