In seiner Predigt fand der Angriffskrieg auf die Ukraine ebenso Platz wie der Missbrauchsskandal innerhalb der Kirche. Genn fand deutliche Worte: „Die Botschaft der Liebe wird hier aufs Dunkelste pervertiert. Das ist ein Geschwulst der Kirche, das aufgehen muss, um zu heilen.“ Auch in der 550-jährigen Glaubensgeschichte der St.-Antonius-Pfarrei habe es sicherlich helle wie dunkle Zeiten gegeben. „Aber“, erklärte der Bischof, „wer sich einmal für die Option, Christ zu sein, entschieden hat, der sollte auf der Spur bleiben. Viele stellen sich die Frage: Lass ich mich von all dem, was Kirche getan hat, davon abhalten, Jesus zu folgen? Ich lade gerade auch die, die die Kirche aufgegeben haben, weil sie diese Ereignisse nicht mehr aushalten, ein, sich doch auf Jesus einzulassen und seinem Weg zu folgen.“
Er komme, sagte der Bischof, sehr gerne nicht nur nach Kevelaer, sondern gerade auch in die Antonius-Kirche. „Ich bin mir bewusst, dass hier in Antonius das Kernzentrum pfarrlichen Lebens in Kevelaer liegt“, betonte er. Die Geschichte der Pfarrei begann mit ihrer Einrichtung am 23. Juni 1472. Davor wurde Kevelaer von den Geistlichen aus Weeze betreut. Durch die Fusion mit umliegenden Gemeinden wurde 2014 zwar eine ganz neue Pfarrei St. Antonius errichtet, aber das ändert nichts daran, dass das Patronat St. Antonius seit 550 Jahren das kirchliche Leben in Kevelaer prägt.
Am Ende des Gottesdienstes übergab Bischof Genn gemeinsam mit Pfarrer Poorten das letzte Wort den Ehrengästen, unter ihnen Bürgermeister Dominik Pichler. Auch dieser betonte, dass das Leitwort „Sorgt euch nicht um morgen“ schon recht „verwegen“, aber auch mutig sei, wie er sagte. Pichler hatte versöhnliche Worte mitgebracht: „Die Kirche wurde hier zweimal zerstört. Am Kreuz sehen wir deswegen einen ramponierten Jesus, gezeichnet von Brandverletzungen. Aber er ist da, Kirche ist da. Sogar gesünder als noch vor zehn Jahren. Eben weil jetzt viel Aufklärungsarbeit geleistet wird. Und Aufklärung ist der einzige Weg, um Vertrauen zurück zu gewinnen. Das gibt mir Hoffnung, dass es weiter geht. Dann gerne auch weitere 550 Jahre.“
Anke Gellert-Helpenstein