Vier Studentinnen suchten in der Stadt nach Gott: Straßenexerzitien ermöglichten neue Perspektiven

Schweigen auf der Straße? Gott suchen im Gewühl der Innenstädte? Wie das geht, zeigen sogenannte Straßenexerzitien. Die Idee ist vor mehr als zwanzig Jahren in Berlin-Kreuzberg entstanden, meist nehmen junge Menschen daran teil.

Im Oldenburgischen Bistumsteil boten jetzt Peter Havers vom Mentorat der Universität Vechta und Daniel Gewand, im Bischöflich Münsterschen Offizialat zuständig für den Bereich Junge Erwachsene, Straßenexerzitien an. Vier Studentinnen - zwei aus Vechta, eine aus Osnabrück und eine aus Essen/Ruhr - meldeten sich zu der Wochenendfahrt mit den beiden Pastoralreferenten nach Hamburg an.

An ungewöhnlichen und ungewohnten Orten alleine Gott suchen, schweigen oder mit wildfremden Menschen ins Gespräch zu kommen - keine leichte Aufgabe. Wie die 21-jährige Manuela Niggemann aus Detmold, die in Vechta Lehramt studiert, fühlten sich anfangs alle in der Gruppe wohler, sagt sie. Doch nach einiger Zeit trennten sie sich, jede ging, wohin es sie trieb. „Es ist besser, wenn man sich kein Ziel vornimmt. Sonst sieht man nicht, was links und rechts von einem passiert“.

Sechs Stunden dauerte die Tour, vorher gab es eine Einstimmung mit Peter Havers und Daniel Gewand, hinterher eine gemeinsame Reflektion. Was sie wahrgenommen hat? Viel, erklärt die Theologiestudentin. Die Breakdancer, den Bettler, der sich selbst erniedrigte und vor ihr lang ausgestreckt auf der Straße lag, die Punks, die Geld wollten, oder den Straßenmusikanten. Ja, der Straßenmusikant, hier habe sie Gottes Nähe gespürt. „Er spielte viele Instrumente und lud die Kinder um ihn herum ein, mitzumachen“, sagt Niggemann.

„Man muss keine Exerzitien-Vorerfahrungen mitbringen, es gibt keine Zugangsbeschränkungen für die Teilnahme, die „Übungen“ sind ziemlich schlicht: hinschauen, hinhören, riechen, tasten, schmecken – sich zu Herzen gehen lassen, anstecken lassen“, erklärt Peter Havers. Und dennoch sei es für einige Teilnehmer gar nicht so leicht, wie es sich anhört. „Es sind Exerzitien im Vollsinn des Wortes, denn es geht um das Üben. Wer auf die Straße geht, kommt in einen Prozess des Befremdens und Befreundens, er wird sich auseinandersetzen, sich dann vielleicht auch unangenehmen Entdeckungen um sich herum und in sich selbst stellen müssen.“

Das Wochenende hat bei den jungen Frauen Eindrücke hinterlassen. " Auf der Straße habe ich viel über mich erfahren", sagt Sarah Bokern aus Märschendorf, Lehramtsstudentin an der Universität Osnabrück. Es sei schwer gewesen, ohne konkretes Ziel so lange durch Hamburg zu laufen. „Ich habe mich dann in einen Park gesetzt und die Leute beobachtet."

"Auf der Straße konnte ich viel über mich nachdenken", bestätigt Kristina Voß aus Lohne. "Mit den Straßenexerzitien hat sich mein Blick verändert. Ich gucke jetzt anders auf die Straße." Die Veranstaltung sei eine besondere Erfahrung, „für die man sich sonst keine Zeit nimmt und die man außerhalb des Mentoratsprogramms kaum machen kann. Wenn man die erste Skepsis überwunden hat und mit ein bisschen Neugierde einfach losgeht, lohnt es sich", sagt sie.

Text: Bischöfliche Pressestelle
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