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Was Leiharbeit in der Pflege kostet

, Bistum Münster, Stadtdekanat Münster

Am 27. Mai ist beim Arbeitnehmervertretertreffen des Bistums Münster deutlich geworden, dass  Leiharbeit in der Pflege andere Herausforderungen mit sich bringt als Leiharbeit in vielen anderen Branchen. Auf Einladung von Bischof Dr. Felix Genn nahmen daran etwa 70 Interessierte teil. Mitveranstalter waren wiederum der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) Region Münsterland, der Kreisverband Münster des Deutschen Beamtenbundes, die Diözesane Arbeitsgemeinschaft der Mitarbeitervertretungen (DIAG-MAV) im Bistum Münster und das Institut für Christliche Sozialwissenschaften der Universität Münster.

Das Treffen stand unter dem Titel „Leiharbeit in der Pflege. Die wahren Kosten“. In seiner Begrüßung wies der Bischof darauf hin, dass sich die Kirche in Einklang mit den Gewerkschaften oft kritisch zur Leiharbeit positioniert habe. In der Pflege stelle sich die Situation allerdings anders dar als in anderen Branchen: Leiharbeitskräfte würden oft besser entlohnt als die Stammbelegschaft und könnten ihre Dienstzeiten vielfach wählen.

Dieses Spannungsverhältnis thematisierten auch die Referentinnen. Für die Dienstgeberseite sagte Pia Stapel, Vorsitzende des Caritasverbandes für die Diözese Münster, Leiharbeit sei für Pflegekräfte so attraktiv wie nie. Im Gegensatz zu anderen Branchen steige ihr Anteil. „Die Chancen und Vorteile liegen bei der Leiharbeitskraft, die Risiken bei den Einrichtungen, den dortigen Teams und der gesamten Gesellschaft“, erklärte Stapel.
Beispielhaft nannte sie die Entstehung einer Zwei-Klassen-Gesellschaft unter den Mitarbeitenden, eine geringere Qualität der Pflege und die höheren Kosten der Leiharbeit, die nicht refinanziert seien. Aus volkswirtschaftlicher Sicht sei außerdem zu bedenken, dass durch Leiharbeit in der Pflege Gelder in die Privatwirtschaft – zu den Leiharbeitsfirmen – fließen, die in das Gesundheitssystem gehörten. 

„Die Caritas fordert daher, die Kosten für Leiharbeitskräfte zu deckeln und zu refinanzieren, ihren problemlosen Wechsel zurück in die Einrichtungen zu ermöglichen und Fort- und Weiterbildungen auch für sie verpflichtend zu machen“, sagte Stapel. Der Verband mache sich für bessere Rahmenbedingung in der Pflege und dafür stark, dass Leiharbeit wieder werde, was sie gewesen sei: eine Notlösung in Ausnahmesituationen.

Einen Impuls aus Gewerkschaftssicht gab Susanne Hille, bei der Dienstleistungsgewerkschaft Ver.di Leiterin des Landesfachbereichs Gesundheit, Soziale Dienste, Bildung und Wissenschaft in Nordrhein-Westfalen. Sie habe beobachtet, dass sich in der Pflegebranche mit Blick auf die Leiharbeit ein Wandel vollziehe. Arbeitgeber sähen die Leiharbeit zunehmend kritisch, und trotz ihres vergleichsweisen noch geringen Anteils an allen Mitarbeitenden verursachten die Leiharbeitskräfte vergleichsweise hohe Kosten.

Hille forderte die Politik auf, endlich für bessere Rahmenbedingungen in der Pflegebranche zu sorgen, und benannte die bekannten Missstände: „Deshalb geht es ohne Leiharbeit im Moment nicht.“ Um den damit verbundenen Herausforderungen zu begegnen, brachte sie anhand eines Beispiels die Möglichkeit von Dienstvereinbarungen ins Spiel.

Im Anschluss diskutierten die Referentinnen unter Moderation von Dr. Christian Müller, Fachbereichsleiter im Franz Hitze Haus, die Thematik weiter. Auf dem Podium saßen außerdem Regina Janssen, Vorsitzende des Mitarbeitervertretung des Petrusheims in Weeze, und Dr. Claudius Bachmann vom Institut für Christliche Sozialwissenschaften.

Text: Anke Lucht
Bild: Bischöfliche Pressestelle - Zur Leiharbeit in der Pflege diskutierten (von links) Claudius Bachmann, Rosemarie Janssen, Akademiedirektor Dr. Johannes Sabel, Christian Müller, Felix Genn, Pia Stapel und Susanne Hille.