"Wir müssen das Leben schützen"

, Bistum Münster

Menschliches Leben zu schützen – besonders in den schwächsten Phasen, am Anfang und am Ende, dazu rief Münsters Bischof Dr. Felix Genn bei der Jahrestagung der katholischen Religionslehrkräfte an Gymnasien und Gesamtschulen im Bistum am 27. Februar auf der Jugendburg Gemen in Borken auf. Der Bischof reagierte damit auf das jüngste Urteil des Bundesverfassungsgerichts zur Sterbehilfe, wonach jeder das Recht hat, selbstbestimmt zu sterben, auch mit Hilfe freiwilliger Dritter. Er wolle die Entscheidung der Karlsruher Richter nicht kritisieren, erklärte Genn: „Wir müssen diese annehmen und uns der Auseinandersetzung damit stellen.“

Bischof Dr. Felix Genn im Gespräch mit Religionslehrern

Münsters Bischof Dr. Felix Genn diskutierte mit den Religionslehrerinnen und -lehrern in Kleingruppen über provokante Thesen.

© Bistum Münster

„Kreuz – Kohle – Kanzleramt. Alles nur ein (Ohn-)Machtspiel?“ – so war die Jahrestagung des Verbandes katholischer Religionslehrerinnen und -lehrer an Gymnasien und Gesamtschulen (VKRM) dieses Mal überschrieben. Dabei ging es auch um wirtschaftliche Mächte und politische Gewalten, die, so der Verband, zuweilen außer Kontrolle zu geraten scheinen. Wie immer fand die Tagung in Kooperation mit dem Bistum Münster und dem Institut für Lehrerfortbildung (IfL) statt.

Neben einem Gottesdienst und dem anschließenden Austausch mit Bischof Genn gehörten an den drei Tagen Workshops sowie Vorträge unter anderem von Professor Dr. Bernhard Grümme aus Bochum zum Programm. Mit den mehr als 140 Religionslehrern ging er in seinem Beitrag der Frage nach: „Religionsunterricht for future? Religiöse Bildung zwischen Moralisierung und politischer Dimension“. Grümme betonte die Bedeutung des Politischen für den Religionsunterricht: „Es geht immer auch um gesellschaftliche Zusammenhänge.“ Als Beispiel nannte der Professor Terroranschläge, die im Religionsunterricht thematisiert würden. Der Glaube selbst habe eine mystisch-politische Dimension, hinter der der Religionsunterricht nicht zurückfallen dürfe.

Beim abendlichen Kamingespräch mit Bischof Genn, Dr. Heiko Overmeyer von der Schulabteilung des Bistums, Michael Schweers und Dr. Brigitte Schulte als Vertreter der Bezirksregierung in Münster sowie Marcus Hoffmann vom Vorstand des VKRM gab es erstmals kleine Gesprächsrunden zu provokanten Themen. Dabei nahm der Bischof einen weiteren Gedanken aus seiner Predigt auf und nahm die Rolle des (Zu-)Hörender ein. Er dankte den Religionslehrern für ihren Einsatz und ihr Glaubenszeugnis. Diese ermutigen Bischof Genn wiederum, sich weiter für den Synodalen Weg einzusetzen. Für ihn sei dieser Weg eine „große Chance“, fasste Genn seine Eindrücke nach der ersten Versammlung Ende Januar zusammen. Den Austausch mit anderen Frauen und Männern erlebe er als eine große Bereicherung: „Der Prozess des Hörens verändert das Klima.“ Der Bischof zeigte sich zuversichtlich, dass es zu einer Erneuerung der katholischen Kirche in Deutschland kommen werde. Allerdings warnte der Bischof vor zu großen Erwartungen bei den Themen Abschaffung des Pflichtzölibates und Einführung des Frauenpriestertums: „Wir sollten dem Heiligen Geist Raum geben.“ 

Aus dem Plenum der Religionslehrerinnen und -lehrer nahm der Bischof die Bitte mit, die Schülerinnen und Schüler an den Gesamtschulen nicht aus dem Blick zu verlieren: „Wir sind eine bürgerlich-akademische Kirche der Mittelschicht geworden, in der es für weniger gebildete Kreise kaum noch Raum gibt“, beschrieb ein Gesamtschullehrer seine Erfahrungen. Das spiegele sich auch in den Gremien der Pfarreien wider.

Gudrun Niewöhner