„Wir sind eine katholische Schule, weil wir für alle offen sind“

, Bistum Münster

Es ist ein Zeichen der Hoffnung, das im kommenden Jahr sein 30-jähriges Bestehen feiert: Im katholischen Schulzentrum St. Josef in Sarajevo werden Kinder und Jugendliche aus kroatischen, serbischen und bosniakischen Familien gemeinsam unterrichtet. Keine Selbstverständlichkeit in Bosnien-Herzegowina, wo in vielen Schulen auch knapp 30 Jahre nach dem Krieg die Schülerinnen und Schüler noch immer nach Nationalität und Religion getrennt werden – gemeinsam ist ihnen meist nur das Schulgebäude.

„Wir sind eine katholische Schule, weil wir offen für alle sind“, erklärte Monsignore Slađan Ćosić, Generalvikar des Erzbistums Vrhbosna (links), hier mit Renovabis-Geschäftsführer Dr. Markus Ingenlath.

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Das katholische Schulzentrum, das wie die fünf weiteren sogenannten „Schulen für Europa“ im Land vom Osteuropa-Hilfswerk Renovabis unterstützt wird, zeigt, wie es anders gehen kann. Vertreterinnen und Vertreter des Hilfswerks sowie des Bistums Münster besuchten das Schulzentrum mit den drei Einrichtungen der Grundschule, der High School und der Medizinischen Schule am 13. Oktober. Im Rahmen ihrer Delegationsreise zur Vorbereitung der Eröffnung der Renovabis-Pfingstaktion im Mai 2024 in Münster kamen sie mit der Schulleitung, den Lehrkräften sowie Schülerinnen und Schülern ins Gespräch.

„Wir sind eine katholische Schule, weil wir offen für alle sind“, erklärte Monsignore Slađan Ćosić, Generalvikar des Erzbistums Vrhbosna, dem Besuch aus Deutschland. Eine Besonderheit sei das für alle Schüler verpflichtende Fach Religionsgeschichte, das die Grundlage für einen respektvollen Umgang der verschiedenen Kulturen lege. „Wir möchten aus der Geschichte lernen, begangene Fehler dürfen sich nicht wiederholen“, betonte der Generalvikar des Erzbistums, das Träger der sogenannten Europaschulen ist. Die Sprache, in denen die Kinder und Jugendlichen miteinander und im Unterricht kommunizieren, legt jeder für sich fest. „Ob Bosnisch, Kroatisch oder Serbisch – wenn die Kinder selbst entscheiden dürfen, trennt es sie nicht voneinander“, schilderte Ivana Mostarac Hrenovica, stellvertretende Leiterin der Grundschule, ihre Erfahrungen.

Der 17-jährige Schüler Alden findet es wichtig, über den Krieg zu reden, um mehr über die Geschichte seines Heimatlandes zu erfahren.

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„Viele Menschen reden nicht über den Krieg, stattdessen denken sie über eine Zukunft in anderen europäischen Ländern nach“, hat der 17-jährige Alden beobachtet. „Dabei ist es wichtig, dass wir unsere Geschichte und unser politisches System kennenlernen“, ist der Schüler, der die High School besucht, überzeugt. Ida Strohmann ist in Deutschland geboren und lebt nun mit ihrer Familie in Sarajevo. „Bosnien-Herzegowina ist so ein schönes Land mit einer tollen Landschaft und großartigen Bergen. Wenn die Politiker etwas anders arbeiten würden, wäre es noch besser“, berichtete die Schülerin dem Besuch aus Münster und Freising. 

Vertreterinnen und Vertreter von „Youth for peace“ berichteten der Delegation von Workshops und Seminaren, Dialogen und Aktivitäten, mit denen sie gemeinsam mit den Jugendlichen nach Werten suchen, die als Grundlage für alle Menschen, unabhängig der Religion, gelten können.

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Den Wunsch nach einem nachhaltigen Zusammenleben von jungen Menschen im selben Land teilt auch die Initiative „Youth for Peace“, mit deren Vertreterinnen und Vertretern die Delegation am Nachmittag zusammenkam. „Unsere Mitglieder kommen aus verschiedenen ethnischen und religiösen Gruppen, die in der Vergangenheit oft in Konflikten standen“, erklärte Emina Frljak vom Vorstand der NGO. In Workshops und Seminaren, durch Dialoge und Aktivitäten sucht „Youth for Peace“ gemeinsam mit den Jugendlichen nach Werten, die allen gemeinsam sind. „Es gibt eine große Unwissenheit bei jungen Menschen, wenn es um die Grundwerte verschiedener Religionen geht“, wusste Daniel Eror, der das Bündnis vor neun Jahren mit gegründet hat. Aufgrund der Vermittlung durch Politik, Gesellschaft und Medien werde nicht selten ein verzerrtes Bild der Geschichte und der Religion vermittelt. „Wir möchten Jugendlichen die Möglichkeit geben, sich eine eigene Meinung zu bilden.“ 

Ziel von „Youth for Peace” sei es, den interreligiösen Dialog zu fördern und eine Kultur des Friedens für die Jugend zu schaffen. „Es ist sehr wichtig, dass junge Menschen dazu befähigt werden, positive Veränderungen zu fördern und ohne Vorurteile an einer besseren Zukunft zu arbeiten“, formulierte Emina Frljak den Wunsch für die Zukunft des Landes, das unter einer hohen Abwanderung leidet. „Ein positiver Frieden ist nicht nur das Ziel, sondern vor allem ein Prozess, an dem wir junge Menschen teilhaben lassen wollen.“ 

Ann-Christin Ladermann