„Grenzen gehören zu seinem Leben“

Der Bistumsmitarbeiter Michael Rubbert ist hochgradig schwerhörig

Er ist vier Seiten lang und fasst zusammen, womit Michael Rubbert täglich zu kämpfen hat: Mit einem Brief informiert der 53-Jährige Grevener jede neue Kollegin und jeden neuen Kollegen im Bischöflichen Generalvikariat (BGV) über seine hochgradige Schwerhörigkeit und bittet gleichzeitig in dem Schreiben um Verständnis für seine Situation. Rubbert ist von Geburt an schwerhörig. Heute arbeitet er in der Hauptabteilung Schule und Erziehung der Bischöflichen Verwaltung.  „Ich fühle mich mit meiner Einschränkung beim Bistum Münster sehr gut aufgehoben“, sagt er. Im Jahr 2022 haben 54 Mitarbeitende mit Handicap beim Bischöflichen Generalvikariat gearbeitet, 2021 waren es noch 49 Personen. Mit acht Prozent wurde die gesetzlich vorgeschriebene Quote von fünf Prozent somit deutlich überschritten. 

Michael Rubbert arbeitet beim Bischöflichen Generalvikariat und ist hochgradig schwerhörig.

© Bischöfliche Pressestelle/Lara Bergjohann

Nach dem Abitur auf einer Förderschule für Hörgeschädigte hat Rubbert ein Studium bei der Finanzverwaltung absolviert und dort auch seinen Abschluss gemacht – mit technischer Hilfe war das möglich. Damit war er aber noch nicht am Ende seiner beruflichen Pläne. „Schon als Kind habe ich mich für die Kirche interessiert”, erinnert sich der Grevener. Und so hegte er den Wunsch, Priester zu werden. Doch sowohl im Universitätsbetrieb als auch während einer Probezeit in einer Gemeinde stieß er mit seinem Handicap an Grenzen. Priester konnte Rubbert nicht werden. Der katholischen Kirche ist er trotzdem treu geblieben, zunächst als stellvertretender Leiter und später als Leiter der Zentralrendantur in Oelde. Doch auch diese Aufgabe musste er nach zwei Hörstürzen aufgeben. Er wechselte zum Domplatz nach Münster und war im BGV zunächst in der Innenrevision tätig. Heute hat Rubbert seinen Schreibtisch in der Schulverwaltung. „Hier versuche ich mit meiner Einschränkung die Arbeitsabläufe so zu gestalten, dass eine gute Kommunikation mit allen Beteiligten - mit Schulleitungen, Lehrern, Kolleginnen und Kollegen und anderen Abteilungen im Haus sowie mit der Bezirksregierung – möglich ist“, sagt er. Das gelinge. Um die Aufgaben im Alltag besser bewältigen zu können, hat er technische Hilfe: „Diese wird aber nie das menschliche Ohr ersetzen können“, betont Rubbert.  

In seinem Brief weist Rubbert darauf hin, dass sein Handicap unsichtbar ist. Daher werde dies häufig unterschätzt. Die Kollegen bittet er beispielsweise um Geduld und Verständnis dafür, dass er an Feiern nicht teilnehmen kann, weil er bei Menschenansammlungen nichts verstehe und die Geräuschkulisse zu einem Dröhnen in seinem Kopf führe 

„Wer ein Handicap hat, hat beim Bistum gute Chancen, einen Arbeitsplatz zu bekommen”, sagt Thomas Müther. Er ist Vertrauensperson der schwerbehinderten Beschäftigten im Bischöflichen Generalvikariat. Beim Bischöflichen Generalvikariat werde jede Stelle so ausgeschrieben, dass sich Menschen mit Handicap bewerben können. Welche Hilfestellungen eine Person zur Bewältigung der täglichen Arbeit benötigt, werde nach der Einstellung geklärt.   

„Bewerbungen von Menschen mit Handicap werden immer auch von der Schwerbehindertenvertre-tung geprüft“, erklärt Müther. Auch am Bewerbungsgespräch nehme ein Vertreter der Schwerbehin-dertenvertretung teil. „Wir laden jeden zu einem Vorstellungsgespräch ein”, ergänzt Thomas Heumann und meint Menschen mit Handicap. Er ist stellvertretender Leiter der Gruppe Personalmanagement und zuständig für die schwerbehinderten Angelegenheiten im Bischöflichen Generalvikariat. Nicht immer passe die Stelle, auf die sich jemand beworben habe, zum Kandidaten. In solchen Fällen werde geschaut, ob es vielleicht eine andere, geeignete Stelle gebe. “Wenn nicht wir den Menschen eine Chance geben zu zeigen, was sie können, wer dann?”, ergänzt Müther. Zunächst werde der Arbeitsumfang in der Regel mit 100 Prozent geplant. Wenn eine Person dies nicht erfüllen könne, werde dieser entsprechend angepasst.  

Michael Rubberts Vorgesetzte, Jana Diekrup, ist froh, ihn als Mitarbeiter zu haben: „Wir alle haben Stärken und Schwächen, besondere Begabungen und Handicaps - und kommen damit im Alltag meistens gut zurecht, weil wir uns ergänzen und ausgleichen. Michael Rubberts Beeinträchtigung beim Hören ist bei uns so normal, dass wir sie oft vergessen und er uns darauf aufmerksam machen muss. Es geht bei uns um ihn als tollen Kollegen mit ganz viel Wissen und einem sehr scharfen Blick für die Mitmenschen – und nicht um sein Handicap“, sagt sie.  

Lara Bergjohann