„Die Sorgen sind so unterschiedlich wie die Lebenssituationen der Menschen“, sagt Isabel Ackermann. „Trennungen, Krankheiten, Arbeitsplatzverlust, Migration …“ Alle hat ihr Weg in finanzielle Schieflagen geführt. Das Angebot der Caritas ist für nicht wenige gerade in Zeiten explodierender Lebenshaltungskosten zur wichtigen Anlaufstelle geworden. „Die meisten fragen nach den Lebensmittelscheinen.“ Jenen Karten, mit denen sie einmal im Monat in den Supermärkten des Ortes einkaufen können.
20 Euro für eine Einzelperson, 50 Euro für eine Familie. „Das ist kein Zusatzbonbon“, sagt eine wartende alleinerziehende Mutter. „Das ist fest eingerechnet.“ Sie lebt vom Bürgergeld und kämpft mit den steigenden Nahrungsmittel-Preisen. „Meine zwei Kinder sind in der Wachstumsphase, da bin ich beim Wocheneinkauf auf jeden Cent angewiesen.“
Es geht nicht nur ums Geld. Das wird bei den Begegnungen mit allen Klienten deutlich, die nacheinander hereingebeten werden und am Tisch unter den rustikalen Eichenbalken Platz nehmen. Mit ihnen sitzt heute dort Britta Schulte. Sie ist eine von insgesamt zehn ehrenamtlichen Helferinnen und Helfern des Treffpunkts. Am Schreibtisch daneben hat Isabel Ackermann ihren Laptop aufgeklappt. Sie ist seit drei Jahren als Honorarkraft angestellt, kümmert sich um Abrechnungen, steht mit Behörden in Kontakt, pflegt den Schriftverkehr.
„Wie geht es Ihnen?“ Mit dieser Frage beginnen alle Gespräche. Viele Gesichter sind bekannt, die Caritas-Helfer kennen die Hintergründe und Lebenswege. „Wir bekommen das ADHS von unserem Sohn einfach nicht in den Griff“, beginnt eine junge Mutter. „Die Medikamente haben zu starke Nebenwirkungen.“ Seine Schwierigkeiten in der Schule sind Thema, seine Probleme, Freunde zu gewinnen, und die Tränen, die sie manchmal deswegen vergießt. Zwanzig Minuten dauert das Gespräch. Das anschließende Ausstellen des Lebensmittelscheins nicht mal eine Minute.
Genau das ist das Profil des Caritas-Angebots in Drensteinfurt. „Wir machen das, was wir gut können“, sagt Petra Holler-Kracht. „Und was andere vielleicht nicht so gut leisten können.“ Die Vorsitzende der Gemeindecaritas sieht darin eine Lücke, die sie zu Angeboten der Kommune oder anderer Träger von Sozialleistungen schließen können. „Oft unbürokratisch, mit Zeit für die Hilfesuchenden, mit einem offenen Ohr für ihre Hintergründe, eben mit dem ‚Mensch im Mittelpunkt‘.“ Sie zeigt auf ihr Namensschild mit dem gleichlautenden Motto.
Seit fast 30 Jahren gibt es diese Caritas-Anlaufstelle in Drensteinfurt bereits. Die Formen der Hilfen haben sich in dieser Zeit immer weiterentwickelt. Zinslose Darlehen konnten vergeben, im Kontakt mit Stiftungen prekäre Lebenssituationen gemeistert oder Wohnsituationen verbessert werden. Die vielen kleinen Hilfen sind aber nicht weniger wichtig – etwa die Unterstützung bei Behördengängen, der Zuschuss zu einer Ferienfreizeit oder die Finanzierung einer neuen Brille. Die Helfer im Caritas-Punkt sind dabei gut vernetzt, können an Beratungs- und Hilfsangebote weitervermitteln und kennen die richtigen Ansprechpartner. 32 Klienten kommen regelmäßig, dazu Einzelbesuche – insgesamt sind es etwa 500 Kontakte im Jahr.
17.000 Euro hat man im Jahr 2022 dafür ausgegeben. Dem Gegenüber standen Einnahmen durch Spenden, Fördergeldern oder von Aktionstagen und Sammlungen von 15.000 Euro. „Wir haben einen Sockel, um das auszugleichen“, sagt Holler-Kracht. „Der wird aber immer kleiner.“ Wie sehr die vielen kleinen Hilfen wirken, ist auch an diesem Dienstagabend zu erleben, als der kleine Samuel das Fachwerkhaus betritt. Ein Spender hat Tornister für die Erstklässler des kommenden Schuljahres gestiftet. Der Junge entscheidet sich für eine grüne Variante – seine Lieblingsfarbe. Der Stolz und die Freude sind nicht nur ihm und seiner Mutter anzusehen, auch allen Helfern im Caritas-Punkt Drensteinfurt.
(Die Namen der Klienten wurden von der Redaktion geändert.)
Thomas Kleine