Ein Vierteljahrhundert ist vergangen, seit im Haus der Familie am Krummen Timpen gemeinsam mit dem St.-Franziskus-Hospital ein Angebot geschaffen wurde, das heute aus der Stadt kaum noch wegzudenken ist: die Elternschule. Zum 25. Jubiläum blickt die Einrichtung nicht nur zurück – sondern mit Ideen und Engagement auch nach vorn.
„Was brauchen werdende und junge Familien wirklich?“ – Diese Frage stand schon im Jahr 2000 im Zentrum, als das Modell der Elternschule in Münster an den Start ging. Orientierung und Unterstützung in einer immer komplexer werdenden Welt – das war das Ziel damals und ist es heute mehr denn je. „Früher war es oft die Großmutter, die mit Rat zur Seite stand“, sagt Gwendolyn Vogt, seit zwei Jahren Leiterin der Elternschule. „Heute liefert Social Media eine Flut an Informationen – aber manch einer und einem fehlt die Einordnung. Genau da setzen wir an.“
Aus Anlass des Jubiläums hat die Leiterin Fotos, Zeitungsartikel und Zitate aus den vergangenen 25 Jahren zusammengesucht, die den Wandel der Familienbildung zeigen. Und sie erinnern auch an Aufreger: Eine erste Ausstellung mit Fotos schwangerer Bäuche sorgte in den Anfangsjahren für Diskussionen. Heute kaum vorstellbar – damals verließen Gäste empört die Eröffnungsfeier. „Dabei war es ein mutiger Schritt, schwangere Körper sichtbar zu machen. Das war Empowerment – auch wenn es irritierte“, sagt Gwendolyn Vogt.
Rund 300 Kurse bietet die Elternschule pro Jahr an – vom klassischen Geburtsvorbereitungskurs über Rückbildung, Säuglingspflege und Babymassage bis zu Sport- und Yogakursen für Mütter. Auch Väter sind längst keine Randfigur mehr: „Das Interesse der werdenden Väter ist heute deutlich größer“, beobachtet Gwendolyn Vogt. „Dank Elternzeit und Elterngeld können viele sich aktiver einbringen – und tun das auch.“
Ein großer Erfolg ist das „Milchcafé“, ein offener Treff mit fachlichem Input und viel Raum für Fragen: Stillen, Schlafrhythmus, Beikost – hier ist alles Thema, was junge Eltern bewegt. Der Andrang ist so groß, dass es inzwischen ein „Milchcafé 2.0“ für Eltern mit Kleinkindern gibt. Auch das musikalisch Kursformat „Singen für Zwei“ erfreut sich wachsender Beliebtheit – vier Kurse pro Woche sind dauerhaft ausgebucht.
Besonders wichtig ist Gwendolyn Vogt, dass die Elternschule auch die Schattenseiten des Familienlebens nicht ausblendet: „Es ist nicht immer alles rosig. Frauen erleben belastende Geburten oder Verluste. Wir schaffen dafür Raum.“ Zwei Kurse pro Jahr richten sich an Frauen nach Fehl- oder Totgeburten – kostenfrei und professionell begleitet. Im vergangenen Jahr machte zudem die Ausstellung „Was bleibt“ dieses sensible Thema sichtbar.
Ein Bild aus den Anfängen: Beim 24. März 2006 stießen (von links) Weihbischof Ostermann, Frau Haschke, Herr Nolte, Frau Große-Frintrop, Dr. Albers und Sr. Diethilde auf das fünfjährige Bestehen der Elternschule an.
„Ich sehe es als meine Aufgabe, Tabus nicht zu brechen, aber aus der Tabuecke zu holen“, betont Gwendolyn Vogt, die selbst Hebamme ist. Ihre Leitungsposition nutzt sie, um eigene Ideen umzusetzen: „Ich kann jetzt Konzepte verwirklichen, die ich schon lange im Kopf hatte. Das erfüllt mich.“
In 25 Jahren haben fast 100.000 Erwachsene an Kursen der Elternschule teilgenommen, hinzu kommen unzählige Babys und Kinder. Der Bedarf ist ungebrochen – und die Resonanz positiv. „Viele lernen das Haus der Familie in einem Kurs kennen – und bleiben, weil sie sich bei uns gut aufgehoben fühlen“, weiß Johannes Wilde, Leiter des Hauses der Familie. „Das ist die schönste Bestätigung für unsere Arbeit.“
Kooperationspartner ist seit Beginn das St.-Franziskus-Hospital. Noch heute arbeiten viele Hebammen in beiden Bereichen – Klinik und Elternschule. Theorie und Praxis greifen so ineinander. „Das macht die Stärke dieses Angebots aus“, erklärt die Leiterin der Elternschule.
Das Haus der Familie und das St.-Franziskus-Hospital laden aus Anlass des 25-jährigen Bestehens der Elternschule zu einem Jubiläums-Geburtsfest am Freitag, 23. Mai, ab 15.30 Uhr im Marienhaus am St. Franziskus Hospital. Eingeladen sind alle, die im vergangenen Jahr Teilnehmerinnen und Teilnehmer der Kurse der Elternschule Münster waren.