40-stündiges Gebet im St.-Paulus-Dom zu Münster

Nur ein rotes Band trennt den Westchor des St.-Paulus-Doms in Münster an diesem Samstag vom übrigen Kirchenraum.

Und doch scheint es hier stiller zu sein, die Schritte der Besucher und Touristen und ihre Stimmen klingen nur gedämpft herüber; man meint, das Flackern der Kerzen hören zu können. Die Menschen, die auf den wenigen Bänken im Westchor knien und sitzen, besinnen sich, beten, denken. Vor ihnen ist in einer goldenen Monstranz das Allerheiligste Altarssakrament ausgesetzt, das sie still verehren, so wie es andere Beter schon gestern getan haben und weitere morgen tun werden.

Denn dieser Samstag (25. Januar 2014) ist einer von drei Tagen, an denen das Domkapitel zum 40-stündigen Gebet eingeladen hat. Dazu gehören Choralämter und Vespern, dazwischen wird immer wieder das Allerheiligste ausgesetzt und in das Westchor übertragen, zur stillen Anbetung. Dieses Gebet vor der gewandelten Hostie soll den Glauben an die Gegenwart Jesu Christi in den Gestalten von Brot und Wein bezeugen.

Zweimal im Jahr gibt es solche Gebetszeiten im Dom, einmal zum Fest Pauli Bekehrung im Januar – schließlich ist der Apostel Paulus der Patron des Doms – und einmal am Sonntag nach Fronleichnam im Juni. Und sie werden angenommen, auch und vielleicht gerade in der heutigen lauten Zeit.

"Es ist eine Zeit der Stille, die man sich schon bewusst nehmen muss", sagt dazu Domvikar Markus Johannes Tüshaus. Das könne durchaus Überwindung kosten, schließlich passiere ja im eigentlichen Sinne nicht viel. Statt dessen "setzt man sich hier Christus auf längere Zeit aus, man schaut ihn an und lässt sich von ihm anschauen", erklärt der Domvikar. Christen könnten "einfach beim Herrn verweilen, sich seiner Nähe vergewissern und sich zugleich neu vergewissern, wer der Herr ihres Lebens ist." Dazu passt das Leitwort des 40-stündigen Gebets, das dem zweiten Brief des Paulus an Timotheus entnommen ist: "Ich weiß, auf wen ich mein Vertrauen gesetzt habe".

Dieses Vertrauen drücken an diesem Samstag viele Menschen durch ihre stille Anbetung aus. Während eine Frau, eine Einkaufstüte neben sich abstellend, sich zu den derzeit acht Betenden gesellt, niederkniet, das Gesicht in den Händen verbirgt, verlässt Dominik Rudloff gerade nach längerem Gebet das Westchor.

Seit vier Monaten lebt der 19-Jährige im Priesterseminar Borromäum, wenige Minuten vom Dom entfernt. "Deshalb freue ich mich, die Gelegenheit nutzen zu können, vor dem Angesicht des Herrn zu beten. Hierhin kann ich alles tragen, was mich bewegt, ob es gut oder weniger gut ist." Die Stille Anbetung ist für ihn wertvoll, denn sie macht etwas mit ihm: "Ich gehe jetzt ganz neu und frisch heraus, mit neuer Kraft."

Ähnliche Gedanken bewegen Philipp Fiala aus Linnich, für ihn geht es heute sogar ein Stück weit um seinen Lebensweg. Denn der Abiturient interessiert sich für den Priesterberuf. Auch aus diesem Grund nutzt er die Gelegenheit zum Gebet vor dem Allerheiligsten. "Für mich ist dieses Zur-Ruhe-Kommen neben dem Beten an sich auch als Möglichkeit wertvoll, in mich zu horchen, ob ich wirklich zum Priester berufen bin und diesen Einschnitt machen will", sagt er.

Die Frau mit der Einkaufstasche erhabt sich derweil und verlässt das Westchor Richtung Altarraum. Dort beginnt gleich die Mittagsmesse, in deren Anschluss das Allerheiligste erneut ausgesetzt werden wird. Über 24 Stunden später wird dann eine Pontifikalvesper mit Sakramentsprozession, Te Deum und sakramentalem Segen, die Bischof Dr. Felix Genn am späten Sonntagnachmittag feiern wird, das 40-stündige Gebet abschließen. Bis dahin werden, so wie die beiden jungen Männer oder die Frau, noch viele Menschen hier vor Gott sein, für sich oder andere beten, Schritte ihre Lebensweges bedenken und einfach: still werden.

Text: Bischöfliche Pressestelle
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