Änderungen bei der Umsatzbesteuerung: Kraftakt für Kirchengemeinden und Bistum

, Bistum Münster

Die Mehrwert- oder Umsatzsteuer ist eine Steuer auf Wertschöpfung. Wegen einer 2015 beschlossenen gesetzlichen Neuerung müssen sie künftig auch Kirchengemeinden abführen.

Bislang waren Kirchengemeinden als Körperschaften des öffentlichen Rechts bis zu einem Jahresumsatz von 35.000 Euro von der Umsatzsteuerpflicht befreit. Ab 2021 gilt diese Befreiung nur noch bis zu einem jährlichen Umsatz von 17.500 Euro. „Dem Gesetzgeber war bewusst, dass diese Systemumstellung erheblichen Aufwand für die betroffenen Körperschaften mit sich bringen würde, er hat daher mit dem Steueränderungsgesetz 2015 eine lange Übergangszeit ermöglicht“, erklärt Ulrich Hörsting, Leiter der Hauptabteilung Verwaltung des Bistums Münster. In der Folge gelte das bisherige Recht für viele Kirchengemeinden noch bis zum 31. Dezember 2020.

Im Bistum Münster werden nach Berechnungen der Hauptabteilung Verwaltung die meisten Kirchengemeinden künftig umsatzsteuerpflichtig sein. „Dabei dürfte die finanzielle Belastung in der Regel überschaubar sein“, sagt Hörsting, „zumal im Gegenzug häufig die so genannte Vorsteuer gezogen werden kann.“ Ein Problem könnte aus seiner Sicht hingegen „die deutlich erhöhten Aufzeichnungspflichten“ werden. Diese beträfen in einer Kirchengemeinde zudem oft Ehrenamtliche, besonders auch die Kassenverantwortlichen in Vereinen und Gruppen. „Weil ihre Aktivitäten alle der Kirchengemeinde zuzuordnen sind, müssen sie in deren Umsatzsteuererklärung zusammengefasst und diese mit einer Vollständigkeitserklärung versehen werden.“

Rita Niermann aus dem Referat Steuern in der Hauptabteilung Verwaltung nennt beispielhaft Bereiche, in denen Kirchengemeinden künftig mit der Umsatzsteuer konfrontiert sein werden. So sei der Verkauf von Osterkerzen, Votiv-Kerzen, Friedenslichtern und Ähnlichem ein umsatzsteuerpflichtiger Vorgang, denn er stelle vor dem Gesetz „keine dem eigentlichen Kirchenzweck dienende oder typische Aufgabe im Zusammenhang mit dem Verkündigungsauftrag dar.“ Opferkerzen oder -lichtern, die Gläubige zum Gebet für wenig Geld auf eigenen Kerzenständern in Gotteshäusern entzünden können, gehören hingegen zum Verkündigungsauftrag der Kirche, so dass ihre Abgabe von der Umsatzsteuer befreit sei.

Einnahme aus Festen der Kirchengemeinde sind steuerpflichtig, vor allem Einnahmen aus Eintrittsgeldern und aus dem Verkauf von Speisen und Getränken. Das gilt auch, wenn die erzielten Gewinne wohltätige Zwecken zugute kommen. Auch können die Einnahmen nicht mit den Ausgaben für das fest verrechnet werden, sondern sind in voller Höhe steuerpflichtig.

Bei Konzerten, die eine Kirchengemeinde veranstaltet, ist der Eintritt oft gegen eine Spende frei. Solche „Eintrittsspenden“ wertet das Finanzamt aber in der Regel nicht als freiweillige Gegenleistung. Vielmehr sieht es sie im unmittelbaren Zusammenhang mit der Leistungserbringung – also in diesem Fall dem Konzert – und damit als steuerpflichtig.

Kompliziert wird demnächst die Veranstaltung von Gemeindereisen. Niermann empfiehlt: „Aus steuer- und haftungsrechtlichen Gründen sollten Kirchengemeinden externe gewerbliche Anbieter mit Durchführung und Abwicklung von Reisen beauftragen.“ Außerdem sei es ratsam, bei der Vorbereitung einen Steuerexperten einzubeziehen.

Beratung und Unterstützung erfahren Kirchengemeinden natürlich auch durch das Bistum. Die Finanzabteilung hat eine umfangreiche Handreichung zu den Änderungen bei der Umsatzbesteuerung erarbeitetet. „Außerdem haben wir den Pfarreien Finanzmittel für diesen Zweck zugewiesen und Fortbildungen für die Zentralrendanturen, die für die Pfarreien tätig werden, angeboten“, sagt Hörsting. Und räumt ein: „Der gesamte Prozess ist wirklich ein Kraftakt für die Bistümer sowie die Kirchengemeinden.“

Anke Lucht