Angela Budke aus Ochtrup ist ehrenamtlich als Notfallseelsorgerin tätig

"Mein Name ist Angela Budke, ich bin Notfallseelsorgerin und ich bin jetzt für Sie da."

Ganz bewusst wählt die 42-Jährige zu Beginn jedes Einsatzes diese Worte, um sich bei Angehörigen eines gerade Verstorbenen, bei Unfallverursachern oder –zeugen vorzustellen.

"Trösten kann man in diesen Situationen gar nicht, es ist mehr dieses einfache ‚da-sein‘, was den Menschen hilft", sagt sie.

Seit sechs Jahren ist Angela Budke ehrenamtlich als Notfallseelsorgerin im Kreis Steinfurt tätig – neben ihrem Hauptberuf als Diplom-Sozialarbeiterin in einer Einrichtung für Menschen mit geistiger Behinderung. Eine Anzeige im Gemeindebrief machte sie damals auf das Ehrenamt aufmerksam. Budke zögerte nicht lange und meldete sich für den Ausbildungskurs an. Anfangs übernahm sie wochenweise Rufbereitschaften, mittlerweile sind daraus 24-Stunden-Dienste geworden. "Das ist leichter zu organisieren", sagt Budke. Meistens nehme sie die Rufbereitschaft an freien Tagen, am Wochenende oder im Urlaub wahr. Planen könne man die Einsätze ohnehin nicht. "Ich hatte schon eine Woche mit vier Einsätzen an einem Tag, es gab aber auch schon eine Woche, in der nichts passiert ist – zum Glück."

Ihre Aufgaben kann die Notfallseelsorgerin grob drei Bereichen zuordnen: So begleitet sie Polizisten, die Angehörigen eine Todesnachricht überbringen müssen; sie betreut Unfallzeugen und –verursacher von Verkehrsunfällen und begleitet auch hier Polizisten zu den Angehörigen; außerdem wird sie zu häuslichen Todesfällen gerufen, um Familienmitgliedern und Angehörigen zur Seite zu stehen. Aus Erzählungen ihrer Kollegen und aus eigener Erfahrung kennt sie auch Einsätze, die sich nicht zuordnen lassen: "Ich habe nach einem Raubüberfall mit Geiselnahme die Kassiererin eines Supermarktes betreut, Kollegen haben sich auch schon mal um ein junges Mädchen gekümmert, das von einem Exhibitionisten verschreckt wurde oder um Kinder, die eine Leiche gefunden hatten", erzählt sie.

Kein Einsatz gleicht dem anderen. Mal verbringe sie viele Stunden bei den Angehörigen, mal wolle die Familie schon nach kurzer Zeit wieder alleine sein. Auch die Trauerreaktionen seien ganz verschieden. Der eine verhalte sich stiller, der andere weine mehr. Die Bedürfnisse der Menschen müsse man im Blick haben – "aber man spürt sofort, ob man jemanden in den Arm nehmen darf oder nicht", sagt Budke. Immer bietet sie den Angehörigen an, eine Kerze anzuzünden, ein Foto des Verstorbenen aufzustellen und gemeinsam zu beten. "Ich schaue mich vorher unauffällig im Zimmer um, ob ich irgendwo ein Kreuz oder eine Muttergottes-Figur entdecken kann", sagt die Notfallseelsorgerin.

So unterschiedlich die Einsätze verlaufen, so unterschiedlich nah gehen sie auch Angela Budke persönlich. "Es hat schon Einsätze gegeben, nach denen ich ins Auto gestiegen, schnell um die nächste Ecke gefahren bin und dann erstmal geweint habe", erzählt sie. Meistens seien dann Kinder oder Jugendliche beteiligt gewesen. Als "völlig in Ordnung" bezeichnet die 42-Jährige es, sich auch mal während eines Einsatzes eine Träne aus den Augenwinkeln zu wischen. "Man braucht als Notfallseelsorger eine gesunde Portion Mitgefühl, das ist wichtig", weiß sie.

An nahezu jeden Einsatz der vergangenen Jahre kann sich Budke noch genau erinnern. Um das Erlebte selbst zu verarbeiten, redet sie mit den Kollegen darüber. "Seelsorge für die Seelsorger" sozusagen. "Wir haben regelmäßige Treffen, bei denen wir uns unsere Einsätze nochmal erzählen und auch nachfragen können: Hättet ihr das genauso gemacht?", erklärt sie.

Bilder, die sie wohl nie wieder vergessen wird; Situationen, die ihr noch lange nachgehen – Angela Budke verlässt dennoch jeden Einsatz mit einem guten Gefühl. "Es ist kein euphorisches Gefühl, sondern ein warmes, gutes Gefühl, das mir sagt: Da ist etwas Schlimmes passiert, aber wir haben gute Gespräche geführt, ich konnte eine Stütze sein und habe selbst etwas zurückbekommen", beschreibt sie. Ihr Ehrenamt leistet sie vor allem aus einem christlichen Verständnis heraus. Denn für andere Menschen da zu sein, das gehört für sie zum Leben dazu.

"Ich lebe ja nicht nur für mich alleine, sondern auch mit anderen Menschen in einer Gemeinschaft. Da tut man eben auch was für andere, nicht nur für sich."

Text: Bischöfliche Pressestelle / 10.02.16
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