Arbeitnehmervertretertreffen mit Bischof zum Thema Crowdworking

Das Internet macht‘s möglich: Mit Crowdworking – der weltweiten Online-Vergabe kleiner Teilaufgaben gegen Honorar an unbekannte Freiwillige – hat eine neue Form der Aufgabenverlagerung Einzug in die Arbeitswelt gehalten.

Was das für Arbeitnehmerrechte und für das christliche Verständnis von Arbeit bedeutet, darüber haben sich am 3. April beim Arbeitnehmervertretertreffen im Franz Hitze Haus Münster rund 200 Teilnehmerinnen und Teilnehmer mit Bischof Dr. Felix Genn, mit Fachleuten und untereinander ausgetauscht.

Zu dem Treffen, das unter dem Titel "Digitalisierung der Arbeitswelt und Crowdworking" stand, hatte der Bischof eingeladen. Mitveranstalter waren der Deutsche Gewerkschaftsbund Region Münsterland, der Kreisverband Münster des Deutschen Beamtenbundes, die Diözesane Arbeitsgemeinschaft der Mitarbeitervertretungen (DIAG-MAV) im Bistum Münster und das Institut für Christliche Sozialwissenschaften.

In seiner Begrüßung räumte der Bischof ein, bei dem Thema sei er "ein Hörender, ein Laie". Sein Alltagsthema aber, die Sorge um das Wohl der Menschen, habe mit dem Gegenstand des Treffens zu tun. Schließlich sei Arbeit eine fundamentale Dimension des Menschen. Deshalb nehme die Kirche traditionell immer zu neuen Entwicklungen in der Arbeitswelt Stellung, indem sie die Position für die Arbeitnehmer beziehe. Die Digitalisierung des Arbeitsmarktes habe eine neue Dimension erreicht, sei ein fortschreitender Umbruch in eine Art, die Welt zu gestalten. Papst Franziskus habe dazu gemahnt, "die Arbeit, die heilig ist, nicht zu missbrauchen, und Bedingungen zu schaffen, dass jeder Mensch von seiner Arbeit leben kann."
Wegen der fundamentalen Auswirkungen des Crowdworking auf Arbeitsmarkt, -gestaltung und –organisation sowie auf die Bezahlung und soziale Absicherung brauche man gesetzliche Rahmenbedingungen, um Arbeitnehmer zu schützen, ohne gleichzeitig die Gesellschaft gegen Innovation und Globalisierung aufzubringen. Das Wort "Crowd" bedeute Ansammlung, Haufen, Pöbel; all das seien Menschen aber nicht. "Die Crowd muss dem Menschen dienen und menschliches Leben möglich und würdig machen", betonte der Bischof. Im Sinne von Papst Johannes Paul II. bezeichnete er es als Aufgabe der Kirche "immer wieder auf die Würde und die Rechte der arbeitenden Menschen hinzuweisen" und sich dafür einzusetzen.

Um eine echte Auseinandersetzung mit Crowdworking und digitalen Arbeitswelten zu ermöglichen, analysierte als Hauptreferentin die Juristin Prof. Claudia Schubert von der Universität Bochum das Thema aus rechtlicher Sicht. Sie unterschied zwischen firmeninternem und externem Crowdworking und unterstrich die Vielfalt und Heterogenität der darunter fallenden Tätigkeiten. "Die Qualität dieser Tätigkeiten wird eine große Rolle spielen bei der Debatte um dieses Beschäftigungsphänomen", war Schubert überzeugt, "das ist die entscheidende Frage dafür, wie wir mit den vorhandenen Instrumenten mit diesem Phänomen umgehen." Zentral sei die Einordnung der Beschäftigten als arbeitnehmerähnliche Personen oder als Solo-Selbstständige. Davon hänge wiederum ihr arbeits- und sozialrechtlicher Schutz ab.

In der von Dr. Martin Dabrowski moderierten Podiumsdiskussion betonte Robert Fuß als politischer Sekretär beim Vorstand der Gewerkschaft IG Metall, seine Gewerkschaft fordere mit Blick auf Crowdworking ebenfalls die Klärung des Arbeitnehmerstatus‘ und des Arbeitsverhältnisses, die Einhaltung des Mindestlohns sowie sozialversicherungsrechtlichen Schutz. Uwe Rotermund, Mitglied der Geschäftsführung bei novemtum Consulting, einer IT-Management-Beratung, erklärte, im Beratungsalltag sei das Thema kaum angekommen. Präsenter als kleinteilige Auslagerung sei dort die Auslagerung ganzer Dienstleistungsgewerke.

Am Ende war es wiederum Claudia Schubert, die eine Art Fazit formulierte: "Crowdworking bietet Chancen und Risiken, je nachdem, ob es reguläre Vollzeitarbeitsplätze ersetze oder neue Beschäftigungspotenziale erschließe.

Bild: Über neue Formen von Beschäftigung in der digitalisierten und globalen Welt diskutierten (von links) Uwe Rotermund, Robert Fuß, Prof. Claudia Schubert, Dr. Felix Genn und Dr. Martin Dabrowski. Foto: Anke Lucht / Bischöfliche Pressestelle

Text: Bischöfliche Pressestelle / 04.05.16
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