Den ersten Schritt auf dem Weg machte Tasler nach seiner Firmung. „Ich habe dann selbst als Katechet in der Firmvorbereitung mitgemacht. Da habe ich gespürt, dass das gemeinsame Unterwegssein in der Kirche mir in meinem Leben am meisten gibt“, sagt er. Die Idee, einen kirchlichen Beruf zu ergreifen, hatte Wurzeln geschlagen, allerdings dachte der Coesfelder zunächst an den Beruf des Pastoralereferenten. „Es war ein Prozess, erst nach und nach wurde mir deutlicher, dass meine Berufung mein ganzes Leben prägen soll“, beschreibt er. Unmittelbar nach dem Abitur zog er in das Priesterseminar Borromaeum in Münster ein.
Familie und Freunde reagierten „mit Skepsis und vielen Fragen, aber immer konstruktiv. Besonders für meine Familie war das genau wie für mich auch ein Weg, den sie erst gehen mussten“, sagt Tasler, der drei jüngere Brüder und eine jüngere Pflegeschwester hat.
In der Ausbildungszeit sei der Wunsch, „mit anderen als Kirche unterwegs zu sein“, zwar konstant geblieben, das Bild von Kirche aber habe sich sehr gewandelt. „Da bin ich auch durch dunkle Phasen gegangen“, gibt der 25-Jährige zu.
Ein Freisemester in Rom habe ihm den Blick auf Kirche geweitet, eine neue Vorstellung von Weltkirche vermittelt: „Im Kontakt mit Katholiken anderer Länder lernt man andere Bilder von Kirche kennen, da wird einem klar, woran vieles bei uns hakt.“ Zurück in Deutschland lebte er eine Zeitlang in einer Wohngemeinschaft. „Sich dann wieder in die Struktur des Priesterseminars einzufügen kostete Kraft, aber die Gemeinschaft war bestärkend“, sagt er.
Seit März 2018 ist Tasler im sogenannten Gemeindejahr in der Pfarrei St. Gertrud Lohne im niedersächsischen Teil des Bistums Münster tätig. Religionsunterricht, Messdienerarbeit, und Firmkatechese gehören zu einen Aufgaben. „In Lohne befindet sich die Kirche noch in einer anderen Phase als in Münster“, hat er erfahren, „aber überall sind Menschen unterwegs, und darauf möchte ich mich einlassen und begleiten, was in den jeweiligen Gemeinden gerade dran ist.“ Als Diakon wird er zusätzlich zu seinen jetzigen Aufgaben taufen, trauen und beerdigen dürfen und möchte zudem gern ein caritatives Projekt anstoßen.
Dabei ist die Weihe für Tasler keine Endstation auf seinem Weg: „Mit der Weihe zum Diakon oder auch demnächst zum Priester werde ich noch nicht am Ziel angekommen sein.“ Für ihn heiße Priester sein, mit anderen Gläubigen unterwegs zu sein. „Priester sind auch weder automatisch besonders gläubig noch besonders stark“, meint er, „sondern haben einfach ihre Rolle innerhalb der Kirche.“
Die Frage, wie Priestersein in der Zukunft gelingen kann, habe in seiner Ausbildung immer mitgeschwungen. „Immer wieder haben wir uns auch hinterfragt, ob es das ist, was wir wirklich sein wollen“, berichtet der 25-Jährige. Immerhin sei die Kirche in einer schwierigen Situation. „Dafür gibt es keine Pauschallösung“, glaubt der angehende Diakon, „sondern die Kirche braucht eine gewisse Flexibilität. Ich habe aber Hoffnung, dass gerade in der derzeitigen Situation die Chance steckt, sich ganz neu zu fragen, wie wir die Werte des Christentums leben sollen.“ Dazu müsse man an die Wurzeln der Strukturen – und dazu wiederum sei eine vertiefte Auseinandersetzung mit der frohen Botschaft nötig.
Denn, das ist Jan Taslers Überzeugung: „Eigentlich und im Kern geht es bei allem, was wir tun, immer um Jesus.“ Mit diesem Kern als Navigationshilfe geht er seinen Weg weiter.
Anke Lucht