© Joris Grahl, Sea-Eye.org

Auf Rettungsmission im Mittelmeer

, Kreisdekanat Steinfurt

Kai Echelmeyer ist fest davon überzeugt, das Richtige zu tun. Gleichzeitig hat der Emsdettener großen Respekt vor dem, was in den nächsten Tagen auf ihn wartet: „Jede Mission ist anders, aber ich möchte meinen Teil dazu beitragen“, sagt der 26-Jährige. Vor wenigen Tagen ist der Student mit der „Alan Kurdi“ ausgelaufen gen Mittelmeer. Er gehört zur Crew der Rettungsmission der Hilfsorganisation „Sea-Eye“. Anstoß für sein Engagement, gerade auch in der Flüchtlingsarbeit, war sein Freiwilligendienst, den er 2013 über das Bistum Münster in Mexiko absolviert hat.

Viele Übungseinheiten, darunter auch ein medizinisches Training, liegen hinter der 20-köpfigen Crew.

© Joris Grahl, Sea-Eye.org

„Ich habe mich schon vor dem Freiwilligendienst viel im sozialen Bereich engagiert, habe durch dieses Jahr aber noch einmal eine andere Perspektive kennengelernt“, blickt Echelmeyer zurück. Während des anschließenden Mathematik-Studiums in Bonn arbeitete er über verschiedene Initiativen mit Geflüchteten. „Mir ist klar geworden, wie privilegiert ich bin und davon möchte ich etwas zurückgeben“, betont er. Als ehemaliger Freiwilliger bereitet er bis heute seine Nachfolgerinnen und Nachfolger im Bistum Münster auf den Einsatz in Afrika und Lateinamerika vor. „Bei einem der Seminare vor eineinhalb Jahren hatten wir Verantwortliche der Seebrücke-Bewegung zu Gast, durch diese Begegnung bin ich überhaupt erst auf die zivile Seenotrettung aufmerksam geworden“, berichtet Echelmeyer.

Zurück in Bonn suchte er den Kontakt zur dortigen Seebrücke-Gruppe und lernte den Verein „Sea-Eye“ kennen. „Je mehr ich mich damit beschäftige, desto weniger kann ich glauben, was passiert. Es ist für mich unerträglich zuzuschauen, wie seit 2015 mehr als 20.000 Menschen auf dem Mittelmeer ertrunken sind und noch immer ertrinken.“ Der 26-Jährige ist wütend auf die europäische Flüchtlingspolitik. „Die EU lässt diese Menschen ertrinken!“

Dem kann sich Ulrich Jost-Blome, Leiter der Fachstelle Weltkirche im Bistum Münster, anschließen. „Das Mittelmeer ist in den vergangenen Jahren zu einem nassen Grab für ungezählte Menschen geworden. Daran dürfen wir uns einfach nicht gewöhnen“, appelliert er. Es sei der Preis des Christ-Seins, sich „gegen höfliches Desinteresse, kalte Gleichgültigkeit und entlastende Verdächtigungen“ einzusetzen. „Machen wir uns immer wieder klar: Auch von uns würde niemand ohne Not Heimat, Eltern, Frau und Kind verlassen.“ Für Jost-Blome ergibt sich daraus ein doppelter Ansatz: „Zum einen gebietet es der moralische Anstand, dass jeder Flüchtende aus Seenot gerettet wird, zum anderen ist es höchste Zeit für ernsthafte entwicklungspolitische Maßnahmen, die verhindern, dass Menschen vor Armut und Krieg die Flucht ergreifen und dabei Leib und Leben, Abweisung und Demütigung riskieren.“

Kai Echelmeyer hat ernst gemacht: Seit vier Monaten arbeitet der Emsdettener hauptamtlich für „Sea-Eye“ und koordiniert das ehrenamtliche Engagement der rund 500 Mitglieder an Land. Doch das reicht ihm nicht: Er möchte vor Ort helfen. Nach einer viermonatigen Zwangspause, während der das Rettungsschiff „Alan Kurdi“ von den italienischen Behörden festgesetzt wurde, ist es nun in den Einsatz zurückgekehrt. Echelmeyer ist zunächst mit zwei weiteren Crew-Mitgliedern mit dem Auto von Köln nach Burriana in Spanien gefahren. Dort ist das Schiff am 11. September ausgelaufen und erreicht in Kürze die sogenannte „Search and Rescue-Zone“ vor der libyschen Küste.

Echelmeyer geht mit einem guten Gefühl in die Mission: „Wir sind eine gute Mischung von sehr erfahrenen Leuten und Neulingen wie mir“, sagt er über die 20 Personen umfassende Crew. „In den vergangenen eineinhalb Wochen konnten wir uns gut aufeinander einspielen und haben viele Trainings gemacht wie Szenarien ,Feuer an Bord‘ und ‚Verlassen des Schiffes‘ geübt“, berichtet er. Die Herausforderung aber bleibt: „Ich weiß nicht, wie es wird, mit den Geretteten in Kontakt zu kommen und ihre Geschichten zu hören. Aber ich weiß, dass es richtig ist.“

Kai Echelmeyer berichtet während der Rettungsmission auf seinem Blog im Internet.

Ann-Christin Ladermann