Barbara Reuver ist Novizin bei den Franziskanerinnen von Sießen

Als sie den Gedanken das erste Mal laut ausgesprochen hatte, war Schwester Marie-Pasquale selbst perplex: "Ich hatte einfach darauflosgeredet, ohne nachgedacht zu haben."

Das war beim Kaffee mit Freunden. Eine in der Runde hatte eher beiläufig von einer Ordensschwester erzählt und dass sie sich für sich ein Klosterleben mit strengen Regeln und Kleiderordnung absolut nicht vorstellen könne.

"Ich mir schon." Diese spontanen Worte verschafften Barbara Reuver, wie Schwester Marie-Pasquale damals noch hieß, mit einem Schlag alle Aufmerksamkeit am Tisch. Die Diplomarbeit in Theologie gerade abgegeben, wollte die gebürtige Horstmarerin eigentlich eine Ausbildung zur Pastoralreferentin im Bistum Münster beginnen. "Als ich es gesagt hatte, merkte ich plötzlich: Ui, da ist was Wahres dran…"

Alles nur eine fixe Idee? Oder steckte Tieferes dahinter? Plötzlich beschäftigten Barbara Reuver ganz neue Fragen. Die heute 31-Jährige wollte nichts überstürzen, hielt an ihren beruflichen Plänen erst einmal fest: "Ich habe mich in der Gemeinde superwohl gefühlt, in dieser Zeit nichts Großartiges vermisst." Und doch spürte sie, dass da noch mehr sein muss… Seit September 2014 ist das Kloster im oberschwäbischen Bad Saulgau ihr Zuhause. Im Juli wird die Novizin das erste Ordensgelübde bei den Franziskanerinnen von Sießen ablegen.

Um ihr Innerstes zu erforschen, zog sich Schwester Marie-Pasquale nach dem Überraschungsmoment an der Kaffeetafel regelmäßig ins Kloster zurück: "Dabei habe ich gemerkt: Ich komme am Thema Orden nicht vorbei." Eine konkrete Gemeinschaft hatte Barbara Reuver allerdings nicht im Blick. Nur so viel stand fest: "Es sollte ein tätiger und kein kontemplativer Orden sein." Die Suche nach etwas Passendem hat die temperamentvolle junge Frau mit einem Hang zum Praktischen anderen überlassen: "Wenn Gott möchte, dass ich ihm folge, dann soll er mir meinen Ort zeigen." Diese Ansage scheint er verstanden zu haben.

Erste Hinweise gab es schon bald: Eine Freundin, ein Priester aus dem Bekanntenkreis und eine Ordensschwester schlugen Barbara Reuver unabhängig voneinander die Franziskanerinnen von Sießen vor. Nach anfänglicher Skepsis reiste die Horstmarerin in der Fastenzeit 2013 nach Bad Saulgau. Inkognito wollte sie sich die Gemeinschaft anschauen. Zu allem Unglück hatte sie gerade ihre Traumstelle als Pastoralreferentin in Emsdetten bekommen. Schwester Marie-Pasquale glaubte sich vor einer schwierigen Entscheidung.

Doch: "Jeden Tag habe ich mehr gespürt, dass ich hier in Kloster Sießen richtig bin." Bevor sie sich wieder auf den Heimweg machte, outete sich die Horstmarerin gegenüber einer der Ordensfrauen: "Die Gemeinschaft in Sießen ist meine." Barbara Reuver brauchte keine Bedenkzeit.

Ersten Gesprächen folgte eine Zeit als Interessentin. Später bat Barbara Reuver um die Aufnahme in die Kandidatur. Seit Herbst 2014 lebt sie als Novizin im Kloster. Und sie ist nicht die einzige junge Frau, die in den Orden eintreten möchte. Noch vier weitere bereiten sich auf ihre Profess in diesem Sommer vor. Für die Horstmarerin ein wichtiges Kriterium: "Ich wollte nicht die Jüngste sein."

Dass das Miteinander in der Gemeinschaft nicht immer leicht ist, findet Schwester Marie-Pasquale normal: "Natürlich zoffen wir uns mal." Ernsthafte Zweifel daran, ins Kloster zu gehen, hatte sie trotzdem nicht: "Man muss prüfen, wie wichtig ist das, woran ich mich gerade störe." Um Klarheit zu bekommen, sitzt sie oft in der Kapelle. Alleine mit Gott lässt sich manches besser herausfinden.

Für das Ordensleben muss Barbara Reuver Opfer bringen. Besonders schwer fällt ihr das frühe Aufstehen. Die Laudes beginnt werktags um 6 Uhr: "Da klingelt der Wecker um 5.15 Uhr." Für Morgenmuffel eine unchristliche Zeit. Samstags kommen die Schwestern um 6.30 Uhr zum Gebet zusammen, sonntags um 7 Uhr. Direkt nach der anschließenden Messe gibt es das Frühstück.

Schweigend. Barbara Reuver kommt die verordnete Stille zur frühen Stunde sehr entgegen.
Der Tag ist streng durchgetaktet: Von 8.15 Uhr bis zum Mittagessen ist Arbeitszeit. Anschließend gibt es eine kurze Pause. Am Nachmittag treffen sich die Novizinnen zum Unterricht. Vor dem Abendessen versammeln sich die Schwestern zur Anbetung. Nach der Vesper ist frei. Die 31-jährige geht dann oft rüber ins Schwimmbad. Das Versprechen, in Armut zu leben, nehmen die Franziskanerinnen ernst: "Wir gehen nicht mal eben aus Lust und Laune ins Kino." Eher schauen sie sich gemeinsam eine DVD an oder holen ein Gesellschaftsspiel raus. Bei so viel Gemeinschaft, gibt Barbara Reuver zu, sei es manchmal aber auch schön, alleine mit einem Buch zu sein. Jede Schwester hat ein eigenes Zimmer. Das Bad wird geteilt.
Wo sie künftig eingesetzt wird, erfährt die junge Frau aus Horstmar erst nach der Profess. Gerne würde sie wieder als Pastoralreferentin arbeiten.

Die vielen kritischen Fragen der Familie und Freunde sind nach zwei Jahren Probezeit verstummt. Ihre Entscheidung haben alle akzeptiert. Nur mit dem neuen Namen tun sich einige schwer. Während ihre Freunde sich auf den Englisch ausgesprochenen Spitznamen Marie P. verständigt haben, bemüht sich Mutter Ingrid, ihre Tochter Marie-Pasquale zu rufen. Vater Franz-Josef kümmert es wenig. Für ihn bleibt sie seine Barbara.

Stichwort:
Die Gemeinschaft der Franziskanerinnen von Sießen, das ist nicht nur das Mutterhaus. Die Schwestern leben an vielen Orten in Deutschland, Italien, Schweden, Brasilien und Südafrika. Die Größe der Gemeinschaften und die Aufgabenbereiche sind unterschiedlich. Sie verbindet die Überzeugung, dass Gott sie gerufen hat, um gemeinsam in den Fußspuren des Heiligen Franziskus Jesus nachzufolgen. Die Franziskanerinnen von Sießen legen einen Schwerpunkt auf die schulische Bildung von Mädchen. Bis heute sind Schwestern in den Schulen tätig.

Bildunterschrift: Im kommenden Juli legt Barbara Reuver ihr erstes Ordensgelübde in der Gemeinschaft der Franziskannerinnen von Sießen ab.


Text: Bischöfliche Pressestelle / 22.03.16
Foto: Barbara Reuver.
Kontakt: Pressestelle[at]bistum-muenster.de