Begegnung der Religionen beim ‚Tag der offenen Moschee‘ in Münster

"Wenn jemand einen Menschen tötet, so soll es sein, als hätte er die ganze Menschheit getötet".

Klaus Bartz liest aus dem Koran, Sure fünf erzählt von der steten Missachtung göttlicher Vorgaben und vom Unfrieden als Konsequenz. Die muslimische Gemeinde Tariqa Burhaniya, der Bartz angehört, hat am Samstag, 3. Oktober, die zentrale Veranstaltung des ‚Tags der offenen Moschee‘ in Münster durchgeführt und die Sure wurde, damit sie jeder versteht, auf Arabisch und Deutsch vorgetragen.

Der Tag sollte Muslimen und Christen ermöglichen, gemeinsam zu beten und zu singen, Koran- und Bibelstellen zu hören und zu diskutieren und stand unter dem Leitwort ‚Das Leben achten‘. "Gottes reichen Segen" wünschte auch Münsters Bischof Dr. Felix Genn in einem Grußwort dem Treffen in den Gemeinderäumen an der Bahnhofstraße.

"Aktueller könnte das Motto gar nicht sein", fand Annethres Schweder mit Blick auf die Flüchtlinge, die zurzeit nach Deutschland kommen und an diesem Nachmittag das zentrale Thema blieben. Schweder gehört dem Christlich-Islamischen Arbeitskreis Münster an, der seit 14 Jahren für den ‚Tag der offenen Moschee‘ in Münster verantwortlich ist.

"Es ist eine Absage an alle, unschuldige Menschen zu töten", interpretierte Franz Langenkamp die eingangs zitierte Sure. Der Präsident des Sufi-Ordens Tariqa Burhaniya, einer Strömung im Islam mit starker spiritueller Orientierung, verdeutlichte: "Die Frage ist: Kann das menschliche Herz zum Positiven hin beeinflusst werden? Der Islam sagt: Ja, das Herz kann durch die Praxis des Dhikr gereinigt werden, die wiederholte Anrufung des Herrn".

Einen christlichen Beitrag leistete an dem Nachmittag ein Lied über den Frieden, gesungen von den rund 100 Anwesenden, die auf dem Boden oder auf Sofas Platz genommen haben. Pfarrer Heinrich Kandzi aus der Apostelkirchengemeinde zitierte aus dem christlichen Matthäus-Evangelium: "Schließ ohne Zögern Frieden mit deinem Gegner, solange du mit ihm noch auf dem Weg zum Gericht bist". Auch ein ‚Friedensgebet für alle Religionsgemeinschaften‘ wurde gesprochen. Stadtdechant Jörg Hagemann gab zu bedenken: "Man muss sich fragen lassen, inwieweit Religion kriegsfördernd ist".

Bürgermeister Gerhard Joksch, Münster, wies auf die europäische Flüchtlingspolitik hin: "Menschlich und gesellschaftlich stehen wir vor großen Herausforderungen. Europa wird sie meistern und an ihnen wachsen oder daran scheitern". Die Glaubensgemeinschaften, erklärte der Politiker von ‚Die Grünen‘, leisteten jedenfalls ihren Beitrag zur Hilfe. Prof. Mouhanad Khorchide, Leiter des Zentrums für Islamische Theologie an der Universität Münster, äußerte sich verärgert darüber, dass Flüchtlinge als Problem angesehen würden: "Es kommen Menschen mit Kompetenzen und Ressourcen. Wir Muslime sollten uns die Frage stellen: Wie können wir Europa bereichern?" Die islamische Mystik müsse stärker werden: "Wir brauchen mehr Spiritualität. Das gilt für den Islam wie fürs Christentum."

Am Rande des Treffens beklagte Paavo Gurk: "Ich werde als Moslem oft auf Klischees reduziert. Es werden an mich nie tiefergehende Fragen gerichtet". Der 33-Jährige, dessen Vater zum Sufismus konvertiert war und der durch den Großvater, einen evangelischen Pfarrer, den christlichen Glauben kennt, freute sich sehr, dass der ‚Tag der offenen Moschee‘ in der Sufi-Gemeinde gefeiert wurde.

Hans-Dieter Hunscher, der sich selbst als nicht religiös bezeichnete, war zu der Veranstaltung gekommen, weil er sich für den Dialog mit anderen Kulturen und Religionen interessierte. "Der Islam ist wie das Christentum sehr vielfältig", fand der Münsteraner: "Aber viele Menschen wissen zu wenig über die Religionen. Es gibt mehr Vorurteile als Wissen".

Unter den Besuchern war auch Joy Schölzel, eine Christin, die vor sechs Jahren aus Nigeria nach Münster gekommen war: "Glaube ist für mich Liebe", bekannte sie, "wir reden hier über das Helfen, aber ohne Liebe kann man nicht helfen". Deshalb bete sie darum, "dass die Deutschen weiter Geduld haben, weiter Liebe schenken und die Tür nicht zumachen".

Text: Bischöfliche Pressestelle
Kontakt: Pressestelle[at]bistum-muenster.de