Bischof aus El Salvador beantwortet Schülerfragen

, Kreisdekanat Coesfeld

Es ist jedes Jahr das gleiche. Sobald die Fünft- und Sechstklässler die Straße überquert haben, stürmen sie die Allee hinauf und erobern den Vorplatz der Benediktinerabtei Gerleve. Jetzt wird erst einmal gegessen und gestrunken. Knapp fünf Kilometer sind die 180 Schülerinnen und Schüler bis hierher auf dem Weg gewesen. Ihr erstes Ziel haben sie erreicht: Gerleve. Ihr zweites Ziel werden sie bei ihrer Rückkehr am St.-Pius-Gymnasium in Coesfeld geschafft haben. Dann haben sie nämlich durch ihren Solidaritätsgang für Misereor ordentlich Spenden erlaufen und im doppeldeutigen Sinn gezeigt, dass „Solidarität geht“. 

Seit mehr als 30 Jahren machen sich die Schüler und Schülerinnen der ersten beiden Jahrgänge des bischöflichen Gymnasiums für den guten Zweck auf den Weg. An ihrem Zwischenziel, der Klosterkirche, löchern sie normalerweise Pater Thaddäus Vos mit zahlreichen Fragen zu seiner Person und zum Klosterleben. Doch in diesem Jahr ist alles anders. Denn die Schülerinnen und Schüler treffen auf hohen Besuch. Es ist Bischof William Ernesto Iraheta Rivera aus El Salvador. Der 57-Jährige ist auf Einladung des Bischöflichen Hilfswerks Misereor zu Gast in Deutschland und in diesen Tagen im Bistum Münster unterwegs. Zwei Tage verbringt er am St.-Pius-Gymnasium. „Ich möchte mich persönlich für die finanzielle Unterstützung vieler Menschen bedanken. Mit den Spenden können wir in El Salvador denen helfen, die Hilfe benötigen“, erklärt er seinen Besuch. Er freue sich über die Solidarität. „Es ist schön zu sehen, dass sich schon Kinder solidarisch zeigen“, würdigt er den Einsatz der Schülerinnen und Schüler. 

Im Wortgottesdienst erzählt Bischof William Ernesto, der in El Salvador Projekte für Kinder, Jugendliche und Familien unterstützt und das Amt des Generalsekretärs der salvadorianischen Bischofskonferenz inne hat, über die Probleme in seinem Land. Bildung, wie sie in Deutschland üblich sei, gebe es in El Salvador nicht. Die Schulen seien in privater oder halbstaatlicher Trägerschaft. „Die Kirchen und Orden ermöglichen in ihren Schulen vielen Kindern Bildung. Gern würden wir allen Kindern eine gute Schulbildung ermöglichen, aber das können wir als Kirche nicht finanzieren“, berichtet er. Sein Land habe große wirtschaftliche Probleme und deshalb stünde er als Bischof vor großen Herausforderungen. „Es gibt viele Menschen, die unsere Hilfe brauchen“, sagt er. Nur rund 15 Prozent der Bevölkerung könnten so leben wie die Menschen in Deutschland. 85 Prozent lebten in Armut. Viele Menschen glaubten in El Salvador an Gott. Es gebe auch Kirchen, die so groß wie die Abteikirche seien. „Aber wir haben nicht so viele Kirchen. Wir könnten noch welche gebrauchen“, informiert er. 

Auch Fragen nach seiner Biografie beantwortet der Bischof gern. Er sei als drittes von sechs Geschwistern aufgewachsen. Die Eltern seien Landwirte und lebten in einfachen Verhältnissen. „Sie haben viel gearbeitet, um uns Bildung zu ermöglichen. Mein Studium habe ich dank verschiedener Stipendien absolvieren können“, berichtet er dankbar. Er versuche bei all seinem Tun immer wieder daran zu denken, woher er komme. Vor drei Jahren sei er zum Bischof geweiht worden und leite nun die Diözese Santiago de Maria im Osten des Landes. Schon als Kind sei er gläubig gewesen und auch gern in die Kirche gegangen. Seine Großmutter und seine Mutter hätten ihm viel von Gott erzählt. Auf die Frage, ob er zufrieden sei, antwortet Bischof William Ernesto: „Ich bin sehr zufrieden mit meinem Leben und könnte nicht glücklicher sein.“ 

Zum Abschluss des Wortgottesdienstes segnet er die Gottesdienstteilnehmer bevor sie sich wieder auf den Weg zurück zum St.-Pius-Gymnasium machten. Die Spenden des Solidaritätsgang gehen traditionell an das Misereor-Straßenkinderprojekt „Butterflies“ im indischen Delhi. „Ich kann mir aber auch vorstellen, dass wir in diesem Jahr das Geld teilen und zusätzlich ein Projekt in El Salvador unterstützen“, überlegt Lehrerin Dr. Michaela Rissing, die den Besuch des Bischofs am St.-Pius-Gymnasium organisiert. 

Michaela Kiepe
 

Schulseelsorgerin Dr. Melanie Kolm steht mit Bischof William Ernesto Iraheta Rivera im Altarraum der Abteilkirche in Gerleve.

Im Wortgottesdienst mit Schulseelsorgerin Dr. Melanie Kolm (rechts) stellte sich Bischof William Ernesto Iraheta Rivera den Fragen der Schülerinnen und Schüler.

© Bistum Münster