Bischof Genn: „Auch Klage und Verzweiflung machen den Glauben aus“

, Bistum Münster

Um Trauernde zu begleiten, ihnen Mut zu schenken und seine Verbundenheit auszudrücken, hatte Bischof Dr. Felix Genn Hinterbliebene zu einer Segnungsfeier in den Münsteraner St. Paulus-Dom eingeladen. Er eröffnete die Feier am 12. August mit Gedanken an seine eigene Priesterweihe vor 47 Jahren und stellte den Trauerweg unter dieses positive Motiv. Zudem erinnerte er an den Seligen Karl Leisner, der 1945 während seines Aufenthalts im Konzentrationslager Dachau in seiner ersten und einzigen Messe geweiht wurde, bevor er nach dem Krieg, am 12. August 1945, an den Folgen der KZ-Haft verstarb.  „In der menschlichen Schwachheit bringt Gott seine Kraft zur Geltung”, sagte der Bischof.

In seiner Predigt zitierte er eine Passage aus dem Evangelium nach Matthäus, in der Jesus einen erkrankten Menschen, zur Verwunderung seiner Jünger, heilt. Jesus erklärt ihnen, dass, wenn ihr Glaube auch nur so groß wie ein Senfkorn ist, er dennoch in der Lage sei, Berge zu versetzen. Bischof Genn stellte dazu die Frage, wie man es schaffen kann, Gott zu lieben, wenn man den Tod einer geliebten Person erfahren musste. „Das gehört zu der Ebene, auf der wir stehen, zu dem Boden, auf dem wir laufen, zu dem Leben, das wir leben”, erklärte er. Nach dem Tod einer geliebten Person würden Hinterbliebene oft denken, dass sie trotz langer Pflege nicht genug getan hätten und damit nicht genug Liebe dem verstorbenen Menschen und Gott gegenüber gehabt hätten. „Du sollst den Herrn, deinen Gott, lieben, doch wie können Sie das, wenn Sie diesen Schmerz erfahren mussten?”, fragte er die Gemeinde. Dazu gebe eine klare Haltung: Auch Klage und Verzweiflung machen den Glauben mit aus. Alleine durch die Anerkennung der Trauer zeige man Liebe, betonte Genn. „Dazu sind wir heute hier: damit die Klage Platz hat”, erklärte er.

Die Berge, die die Menschen durch ihren Glauben versetzen können, stünden bildlich für die Prüfungen, denen sie im Alltag begegnen und somit auch für die Trauer, mit der Hinterbliebene kämpfen müssen. Seine Interpretation dieses Bibeltextes sei, dass Jesus vorschlage, diese Berge bejahend in das Leben zu integrieren und mit der Zeit zu lernen, sie zu bezwingen. Glauben heiße neben den positiven Dingen, die man durch Gott erfährt, auch Auseinandersetzung mit eben diesen Prüfungen. Dies hätten auch die verstorbenen Brüder in Dachau bewiesen, da sie an ihrem Glauben festgehalten haben und als Märtyrer starben.

Ein gemeinschaftliche Gebet für die Verstorbenen gehörte ebenso zu dem Gottesdienst wie die Einzelsegnung der Gläubigen, im Anschluss gab es ein Angebot zum Gespräch und Austausch im Domgarten und die Möglichkeit, auf dem Friedhof am Dom der Verstorbenen zu gedenken. Musikalisch wurde die Feier durch den Kammerchor Xanten unter der Leitung von Domorganist Matthias Zangerle untermalt.

Leon Nennstiel