Bischof Genn spricht mit Arbeitnehmervertretern über prekäre Beschäfti-gungsverhältnisse
Dass es immer mehr sogenannte "prekäre Beschäftigungsverhältnisse" gibt, muss aus sozialethischer Perspektive hinterfragt werden. Das hat der Bischof von Münster, Dr. Felix Genn am 21. März 2013 im Franz-Hitze-Haus in Münster betont. Auf Einladung des Bischofs kamen hier zahlreiche Arbeitnehmervertreter zusammen.
Der Bischof unterstrich in seiner Begrüßung die Bedeutung des Treffens, erfüllten die Arbeitnehmer-Vertreter doch eine wichtige gesellschaftliche Aufgabe. Im Mittelpunkt des Treffens stand das Thema "Prekäre Beschäftigungsverhältnisse".
Hierzu sagte Bischof Genn, dass prekäre Beschäftigungsverhältnisse zu einer großen Unsicherheit bei den Arbeitnehmern führten und außerdem dazu, dass der Lebensunterhalt mit dem Verdienst aus dieser Beschäftigung nicht mehr zu bestreiten sei. Dieser Entwicklung stellte der Bischof Aussagen aus den Sozialenzyklien "Rerum Novarum" von Papst Leo XIII. schon aus dem Jahr 1891 und aus "Laborem exercens" von Papst Johannes Paul II. aus dem Jahr 1981 entgegen. Hier sei betont worden, dass Arbeit ein Gut für den Menschen sei, dass Arbeit wichtig für das Menschsein selbst sei. Durch die Arbeit werde der Mensch gewissermaßen "mehr Mensch". Der Bischof räumte ein, dass es heute auch da, wo Kirche und Caritas als Arbeitgeber aufträten, prekäre Arbeitsverhältnisse gebe. Ob und wie diese Arbeitsverhältnisse verändert und verbessert werden könnten, müsse auch unter einer sozialethischen Perspektive beurteilt werden.
Im Anschluss an die Begrüßung durch den Bischof sprach Prof. Dr. Jacob Joussen vom Lehrstuhl für Bürgerliches Recht der Universität Bochum über "Prekäre Beschäftigungsverhältnisse aus juristischer Sicht". Dann diskutierte er mit Dr. Sabine Graf, der Stellvertretenden Vorsitzenden des DGB Nordrhein-Westfalen und mit Prof. Dr. Marianne Heimbach-Steins vom Institut für Christliche Sozialwissenschaften der Universität Münster über gesellschaftliche und soziale Probleme solcher Beschäftigungsverhältnisse. Joussen erläuterte am Beispiel befristeter Beschäftigungsverhältnisse, dass diese "Fluch und Segen zugleich" sein könnten. Gleichwohl sei die Gefahr groß, dass diese ebenso wie andere "atypische Beschäftigungsverhältnisse" zu auch im Wortsinn "prekären", also "misslichen" oder problematischen Beschäftigungsverhältnissen werden könnten. Sabine Graf nannte Zahlen zu den prekären Beschäftigungsverhältnissen: So gebe es alleine in Nordrhein-Westfalen 1,8 Millionen Minijobs, wobei der Frauenanteil hieran 70% Prozent betrage. Graf machte deutlich, dass es nahezu unmöglich sei, aus einem solchen Minijob in eine normale Beschäftigung zu kommen. Ein Problem sei auch, dass es dort, wo Frauen in prekären Beschäftigungsverhältnissen arbeiteten, in der Regel keine Sozialpartnerschaft zwischen Unternehmen und Gewerkschaften gebe. Hier brauche es daher gesetzliche Regelungen wie etwa einen Mindestlohn. Prof. Heimbach-Steins griff die Begrüßungsworte von Bischof Genn auf und betonte, dass Arbeit keine Ware sein dürfe, sondern eine Chance der personalen Entfaltung sei. Arbeit sei entscheidend, um an vielen gesellschaftlichen Vollzügen teilnehmen zu können. "Je prekärer das Arbeitsverhältnis ist, umso weniger wird es dem Anliegen der personalen Qualität der Arbeit gerecht", sagte sie. Und sie betonte, dass gerade auch die Kirche, dort wo sie als Arbeitgeber auftrete, an die eigene Soziallehre gebunden sei und hier eine Vorbildfunktion habe müsse. Gewinn-Maximierung dürfe nicht das Hauptziel sein, sondern vielmehr müsse die Qualität der Arbeitsverhältnisse eine zentrale Rolle spielen.
Text/Foto: Bischöfliche Pressestelle
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