Wie viele Menschen daran beteiligt waren und schon seit der Planungsphase mitgearbeitet und mitgefiebert haben – der Bischof konnte es in seiner Predigt nur erahnen: „Macht euch keine Sorgen“, nahm er einen Gedanken aus der Lesung auf, wohlwissend, dass dies bei einem solchen Mammutprojekt schwer möglich gewesen sei: „Sie haben nach reiflicher Abwägung die alte Kirche aufgegeben – und ein neues Konzept entworfen“, dankte Genn vor allem dem Pastoralteam und den Gremien der Pfarrei St. Martinus für ihren Einsatz und ihr Engagement und bat sie gleichzeitig, die Kritiker und Skeptiker des Projektes mit hineinzunehmen in die neue Kirche: „Ich nehme Ihre Trauer und Ihren Schmerz sehr ernst“, wandte sich der Bischof an diejenigen, die gegen den Abriss der alten Kirche protestiert hatten.
Die katholische Kirche habe in Greven immer nahe bei den Menschen sein wollen, das zeige ein Blick in die Historie, so der Bischof. Längst sei es nicht mehr selbstverständlich, dass Kinder und Jugendliche ganz automatisch in die Institution hineinwachsen: „Der christliche Glaube ist eine Option unter vielen für sie“, zeigte sich Genn realistisch. Die Kirche müsse sich den Veränderungen in der Gesellschaft stellen – auch räumlich: „Sie haben hier die Chance, dem kirchlichen Leben eine neue Gestalt zu geben, Menschen einzuladen, für die unser Glaube nicht selbstverständlich ist, aber eine Möglichkeit.“
Dass man Feuer und Flamme für Gott sein kann, bewies der Bischof im übertragenen Sinn sehr anschaulich bei der Altarweihe. Da die Reliquien, Überreste von Heiligen, der heiligen Lucia, des heiligen Apollinaris und des heiligen Nikolaus sowie des seligen Clemens August Graf von Galen bereits in den gläsernen Mittelpunkt der neuen Kirche eingelassen worden waren, konnte der Bischof diesen Teil überspringen und den Altar mit Weihwasser besprengen. Bekleidet mit einer Schürze goss er dann an fünf Stellen, als Erinnerung an die fünf Wundmale Christi, kostbares Chrisamöl auf den Altartisch und verrieb dieses mit seinen Händen. Auf die fünf Stellen kamen Schalen mit Weihrauch, die der Bischof und Pfarrer Klaus Lunemann mit dem Licht der Osterkerze entzündeten. Anschließend feierte Genn gemeinsam mit Pfarrer Lunemann an dem neu geweihten Altar die erste Eucharistie.
Begonnen hatte die eigene Liturgie der Kirchweihe vor dem Gotteshaus. Mit seinem Hirtenstab zeichnete der Bischof die Buchstaben des griechischen und des lateinischen Alphabets in ein auf dem Kirchplatz aus Sand gelegtes Kreuz. Danach segnete er das Wasser im neuen Taufbecken und besprengte den Ambo mit Weihwasser, bevor er stellvertretend einer Lektorin aus der Pfarrei das Lektionar zur Verkündigung des Wortes überreichte.
Wegen der anhaltenden Corona-Pandemie durfte jeder Verein nur einen Vertreter zum Kirchweihgottesdienst schicken. Und auch aus der bischöflichen Verwaltung in Münster waren nur wenige Vertreter gekommen. Zu den weiteren Gästen zählte selbstverständlich Architekt Manfred Frericks. Dieser überreichte Pfarrer Lunemann bei der Segnung der angeschlossenen Pfarrheim-Räumlichkeiten einen überdimensionalen Kirchenschlüssel.
Nach dem offiziellen Teil trafen sich alle zum Austausch auf Abstand im Zelt.
Etwas ganz Besonderes war die Kirchweihe für Josef Mersch und Ludger Hidding. Sie waren schon als Messdiener bei der Weihe der ersten Josefskirche dabei. Bei der Weihe des Neubaus trugen die Senioren die Osterkerze sowie eine Laterne mit dem Osterlicht in die Kirche.
Gudrun Niewöhner