Aus seiner Zeit in Mali kennt Happe noch die markanten Schirmbäume der Savannenlandschaft in Mali. „1973 fing es an, dass die bis dahin regelmäßigen Regenzeiten aussetzten, die Palmen-Haine und die großen Bäume gingen ein, und Dorngestrüpp trat an die Stelle“, erzählt er. Aktuell habe er in diesem Sommer in Mauretanien erlebt, wie im Süden des Landes die eigentlich Mitte Juli beginnende Regenzeit einen ganzen Monat später eingesetzt und nur aus sporadischen Regenfällen bestanden habe. Das sei vor allem für die dort verbreitete Weidewirtschaft katastrophal: Weil die Weiden zu wenig Ertrag brächten und die Züchter daher nicht genug Futter für ihre Tiere hätten, müssten sie diese weit unter dem üblichen Preis verkaufen.
Als „Katastrophe“ hat Happe auch die extremen Wetterereignisse erlebt: „Monatelang gibt es keinen Regen, und dann kommt ein Sturzregen, der alles kaputt macht und auch für die Landwirtschaft nutzlos ist, weil der Boden durch die vorherige Trockenheit so hart ist, dass das Wasser nicht eindringt.“ In der Folge führten die Dürreperioden dazu, dass die Menschen in der Weidewirtschaft keine Zukunft sehen und in die Landeshauptstadt Nouakchott ziehen, um Hilfe zu erhalten und sich eine neue Existenz aufzubauen. Die Stadt sei im Zuge der Unabhängigkeit Mauretaniens entstanden und für 30.000 Menschen angelegt gewesen. „Augenblicklich hat Nouakchott mehr als eine Million Einwohner bei einer Gesamtbevölkerung von fast viereinhalb Millionen in ganz Mauretanien“, verdeutlicht Happe die sozialen Herausforderungen. Hinzu komme, dass die zuziehenden Menschen überwiegend „viehzüchtende Nomaden sind, die von ihren Sitten und Gebräuchen her gar nicht auf das Stadtleben eingestellt sind.“
Von den reicheren Ländern verursacht ist auch ein weiteres Problem, mit dem viele Mauretanier zu kämpfen haben. Die Atlantikküste, an die Mauretanien grenzt, war laut Happe früher „die fischreichste Küste auf der Welt“. Heute allerdings fischten Trawler aus Europa und Asien im großen Stil und sogar in geschützten Gebieten. Dabei leerten sie nicht nur das Meer, sondern zerstörten auch die Reproduktionsstätten der Fische. Die heimischen Fischer müssten, um überhaupt noch ein paar wenige Fische zu fangen, viel zu weit aufs Meer fahren.
Warum sich ihre Umwelt derart dramatisch ändert, wissen die meisten Mauretanier nach Happes Einschätzung nicht. „Es sind tiefgläubige Menschen ohne viel Bildung, die in ihrer Not eben beten“, sagt er. Auch im vergangenen Sommer habe der Staatschef angesichts des ausbleibenden Regens dazu aufgerufen, in allen Moscheen um Regen zu beten. Zwar gebe es einige staatliche Umweltmaßnahmen wie etwa die Aufforstung des sogenannten „grünen Gürtels“ , der durch ganz Westafrika gehen soll, um die Ausbreitung der Sahara aufzuhalten. Nach Happes Ansicht werden hierbei aber die Menschen nicht ausreichend eingebunden.
Glücklicherweise gebe es eine große Solidarität unter den Menschen. Auch die Kirche sei herausgefordert. Mit etwa 4.000 Katholiken ist sie in dem muslimischen Land zwar deutlich in der Minderheit. Dennoch hat vor allem der katholische Wohlfahrtsverband Caritas laut Happe „einen sehr guten Ruf, und die etwas mehr als 100 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern – überwiegend Muslime – sind sehr stolz, bei der Caritas zu arbeiten.“ Unter anderem biete die Caritas Möglichkeiten, Kochen und Haushaltsführung unter den veränderten Lebensbedingungen – beispielsweise mit anderen Lebensmitteln – zu erlernen oder sich durch einfach Tätigkeiten wie Stoffe färben oder die Herstellung von Marmelade etwas hinzuzuverdienen.
Anke Lucht
Bildunterschrift Startseite: Bischof Martin Happe kann von den Auswirkungen des Klimawandels aus eigener Erfahrung berichten. Foto: Kirche+Leben / Michael Bönte