Borghorster Stiftskreuz ist wieder da

, Bistum Münster, Kreisdekanat Steinfurt

Ohne die türkisgrünen Handschuhe geht nichts. Zu kostbar ist das Borghorster Stiftskreuz, um es mit bloßen Fingern selbst nur kurz zu berühren. Goldschmiede-Restauratorin Anke Freund aus Köln streift sich die Nitril-Handschuhe über. Vorsichtig holt sie das Kreuz aus dem in den 1980er Jahren eigens dafür angefertigten Koffer. Bevor es an seinen neuen Platz in der St.-Nikomedes-Pfarrkirche gestellt wird, untersucht die Expertin das Reliquiar noch einmal ganz genau: „Wir müssen den aktuellen Zustand protokollieren“, sagt sie. Elf Jahre nach dem dreisten Raub im Oktober 2013 ist das Stiftskreuz zurück in Borghorst.

Borghorster Stiftskreuz

Das Borghorster Stiftskreuz steht in der neuen Vitrine.

© Bistum Münster

Nur ein kleiner Kreis an Personen wusste die genaue Ankunftszeit am Freitagvormittag, 21. Juni: „Wir wollten keinen Wirbel, weil wir für die Dokumentation Ruhe brauchen“, sagt Martin Kaspar von der Abteilung Kunst und Kultur im Bistum Münster. Als der unscheinbare Kleintransporter der Kölner Speditionsfirma Hasenkamp auf dem Kirchplatz stoppt, ahnt von den vorbeilaufenden Passanten wohl niemand, welche wertvolle Fracht sich in dem Fahrzeug befindet.

Zwei Männer bringen die verschraubte Holzkiste schnurstracks in den neu geschaffenen Andachtsraum. Neben der schlanken, schlichten Vitrine, die eher ein gläserner Tresor mit modernster Sicherheitstechnik ist, haben die beiden Küster der Pfarrei schon einen Tisch bereitgestellt. Kaspar nimmt den Koffer aus der geöffneten Kiste, stellt ihn ab, schließt auf – und hebt den Deckel. Für die wenigen, die dabei sind – ein Gänsehautmoment. Schnell werden die Handykameras gezückt…

„Ein beeindruckendes Kreuz“, findet auch Anke Freund, die in ihrer Werkstatt tagtäglich mit Kunstobjekten zu tun hat. Das Borghorster Stiftskreuz gehört immerhin zu den bedeutendsten sakralen Kunstschätzen Europas aus dem 11. Jahrhundert.

Mit Lupe und viel Licht schaut sie sich den Zustand des Reliquiars an… Währenddessen sind Silberschmied Micha Peteler und seine Mitarbeiterin damit beschäftigt, die Platte mit dem Präsentationsstab in der Vitrine zu verankern und auszurichten. Millimeterarbeit. Das durch ein ausgeklügeltes Lichtkonzept betonte Kreuz steht auf einem etwa 1,50 Meter hohen, eckigen, messingfarbenen Metallstab mit einem Durchmesser von gerade mal 14 Millimetern.

Zwei hohe, freistehende Wände aus Sichtbeton rahmen die Vitrine mit dem Kreuz ein. Sie sollen wie ein Passepartouts wirken, sagt Architekt Professor Hannes Hermanns, der sich zusammen mit seiner Frau Susanne Klösges die Pläne für die Präsentation ausgedacht hat.

Knapp eineinhalb Stunden untersucht Anke Freund das Kreuz, dann steht auch der Stab kerzengerade. Jetzt kommt es darauf an: Sorgsam trägt die Goldschmiede-Restauratorin den Borghorster Kunstschatz zur Vitrine und übergibt dann an Micha Peteler, der das Kreuz aufsetzt. Stille – dann geht ein beeindruckendes Raunen durch die St.-Nikomedes-Pfarrkirche…

Zu sehen für alle, die mögen, ist das Kreuz ab Samstag, 22. Juni. Dann wird Münsters Bischof Dr. Felix Genn zur Eröffnung der umgestalteten Nikomedeskirche und zur Rückkehr des Borghorster Stiftskreuzes um 17 Uhr einen Gottesdienst feiern.

Gudrun Niewöhner