„Der elektrische Mönch“ wird zum Diakon geweiht

, Stadtdekanat Münster

Über Gott und die Welt sprechen – das macht Urs von Wulfen besonders gerne. Beruflich wie privat. Ob gemeinsam mit dem bekannten Münsteraner Kabarettisten Christoph Tiemann oder als „Der elektrische Mönch“ auf dem gleichnamigen Youtube-Kanal des Bistums Osnabrück. Humorvoll und persönlich erklärt der 46-Jährige dort in kurzen Videos, warum ein Torwart zum Mieten in Brasilien eine zutiefst christliche Idee ist und warum schon der Heilige Benedikt den Hungerstreik fürs Klima bestimmt für eine gute Idee gehalten hätte. 

Urs von Wulfen aus Münster wird am 21. November von Bischof Dr. Felix Genn zum Diakon geweiht.

© Bistum Münster

„Gott liebt dich. Unendlich und bedingungslos. No matter what. (Egal, was passiert.)“ Es ist diese schlichte Botschaft, die von Wulfen antreibt. Bei seiner Arbeit in der Onlinekommunikation des Bistums Osnabrück, bei seinen kabarettistischen Bühnenauftritten und auch bei seinem Wunsch, Diakon zu werden. Auf letzteres hat sich der gebürtige Sauerländer in den vergangenen drei Jahren vorbereitet. Mit fünf weiteren Männern wird von Wulfen am Sonntag, 21. November, um 14.30 Uhr im münsterischen St.-Paulus-Dom von Bischof Dr. Felix Genn zum Ständigen Diakon mit Zivilberuf geweiht. 

Priester oder Mönch werden, das hätte sich von Wulfen als Kind und Jugendlicher durchaus vorstellen können. „Das war meine erste große Liebe und die vergisst man nicht“, sagt der heute dreifache Familienvater. Das Kloster Königsmünster in Meschede war lange sein zweites Zuhause. „Die Choräle, der Lebensrhythmus, die Mönche – ich habe mich selten so beheimatet gefühlt wie dort“, erinnert sich von Wulfen. Als er acht Jahre alt war, starb sein Vater. In der Kirche fand er Halt und Struktur. Nach dem Abitur legte er sich selbst auf, zunächst etwas anderes als Theologie zu studieren. „Ich wäre meinem Wunsch, Priester zu werden, gefolgt, wenn er danach immer noch so stark gewesen wäre,“, sagt von Wulfen.

Kloster Königsmünster in Meschede war zweites Zuhause

Er entschied sich für Sozialpädagogik, arbeitete in einem kirchlichen Bildungshaus und begleitete später junge Erwachsene, die über das Bistum Osnabrück einen Freiwilligendienst im Ausland absolvierten. Mit Christoph Tiemann zusammen schrieb er unter anderem Beiträge für den satirischen Wochenrückblick „Zugabe“ und wechselte schließlich in die Öffentlichkeitsarbeit des Bistums, wo er seitdem Teil des „Bodenpersonals“ ist, eine Videoreihe mit der Mission, „die Welt ein bisschen besser“ zu machen. „Die soziale Seite hat mir bei alldem ein wenig gefehlt“, blickt von Wulfen zurück. Immer wieder seien Freunde und Bekannte auf ihn zugekommen und hätten ihm das Ständige Diakonat vorgeschlagen. Der Münsteraner setzte sich näher damit auseinander, sprach mit Weihbischof Johannes Wübbe aus Osnabrück und Pfarrer Dr. Stefan Rau aus der Pfarrei St. Joseph Münster-Süd über diese Idee – und bewarb sich. 

Statt des Würzburger Theologie-Fernkurses, sonst eine Voraussetzung für das Diakonenamt, studierte von Wulfen berufsbegleitend an der Katholischen Hochschule (KatHo) NRW und schloss diese mit dem Master ab. Parallel dazu nahm er an der Ausbildung im Institut für Diakonat und Pastorale Dienste (IDP) des Bistums Münster teil. An jeweils einem Wochenende im Monat lernten die sechs Kandidaten, wie man eine Predigt aufbaut, wie man Gespräche führt und mit der Bibel arbeitet. 

„Ich werde Diakon mit einem Stück Scham"

Bestärkt und unterstützt weiß von Wulfen sich von seiner Familie. Seit einigen Jahren ist das alte Pfarrhaus neben der Heilig-Geist-Kirche das Zuhause für ihn und seine Frau Yvonne, die Kinder Nia (13), Till (11) und Milla (7) sowie zehn Hühner im Garten. Lange hat sich von Wulfen um die drei Kinder gekümmert. „Meine Frau ist diejenige von uns, der das Arbeiten mehr liegt“, sagt er mit einem Schmunzeln. Nicht nur aufgrund der Rollenverteilung in der eigenen Familie fiel ihm die Entscheidung zum Diakonat auch schwer. „Ich habe viele Frauen vorher gefragt und mir Absolution eingeholt, weil ich viele kenne, die selbst gerne Diakonin werden würden und es nicht dürfen“, erklärt von Wulfen. Etwas, womit er lernen muss, umzugehen. „Ich werde Diakon mit einem Stück Scham, weil ich damit zu einer Diskriminierung ‚Ja‘ sage, die ich zutiefst ablehne.“ 

„Diener der Armen“ möchte von Wulfen sein. Wichtiger als der liturgische ist ihm deshalb der diakonische Dienst. „Wenn man mich dort gebrauchen kann, würde ich mich gerne in der Gemeindecaritas einbringen und soziale Projekte unterstützen“, sagt er. Auch die Kulturarbeit reizt ihn, Lesungen oder Konzerte zu initiieren, deren Erlöse einem guten Zweck zukommen. Doch er weiß: „Mit der Weihe fängt die Ausbildung erst richtig an.“ In der Pfarrei St. Joseph Münster-Süd möchte er weiter in die Lehre gehen, und vor allem „den Menschen zuhören und herausfinden, was sie brauchen, was sie wollen. Ich möchte nichts anbieten, was überflüssig ist.“ Sein Ziel sei es nicht, Menschen für die Kirche wiederzugewinnen. „Die Kirche können wir nicht retten. Diesen Auftrag hat Jesus uns aber auch nie gegeben.“ Seine Botschaft an seinen Gegenüber lautet stattdessen: „Du bist unendlich geliebt. Und das sage ich nicht, weil Du das vielleicht nicht weißt, sondern weil Du es vielleicht noch nicht bemerkt hast.“

Ann-Christin Ladermann