Diözesanbibliothek macht Pfarreigeschichte zugänglich

, Bistum Münster, Kreisdekanat Kleve

Sie sind aus dem Nachlass einzelner Geistlicher entstanden und geben Auskunft über die Geschichte einer Pfarrei: Viele Kirchengemeinden haben eine eigene Pfarrbibliothek, die nicht selten in Vergessenheit geraten ist, aber oftmals Exemplare mit Seltenheitswert umfasst. Die Diözesanbibliothek in Münster nimmt sich dieser historisch und kulturell wertvollen Kloster- und Pfarrbibliotheken an, restauriert und katalogisiert den Bestand und macht ihn für die Öffentlichkeit zugänglich. Zu den bisherigen zwölf bearbeiteten Bibliotheken von Pfarreien kommt nun eine weitere hinzu: Die Diözesanbibliothek übernimmt den Bibliotheksbestand der Pfarrei St. Peter und Paul in Straelen.

Dr. Peter Behrenberg und Dr. Kirsten Krumeich präsentieren vier historische Bücher der insgesamt 1400 Bände umfassenden Pfarrbibliothek Straelen.

© Bistum Münster

1400 historische Bände umfasst die Pfarrbibliothek Straelen, darunter eine sogenannte Inkunabel, ein Wiegendruck aus dem 15. Jahrhundert, der Frühzeit des Buchdrucks mit beweglichen Lettern. „Das Werk ist kulturhistorisch von hoher Bedeutung und hat in diesem Fall einen lokalhistorischen Bezug, weil es aus dem Straelener Kloster Zandt stammt“, erklärt Dr. Peter Behrenberg, Leiter der Diözesanbibliothek. Auch 25 Bände aus dem 16. Jahrhundert liegen vor, ein Großteil der überwiegend theologischen Werke stammt aus dem 19. Jahrhundert. „Historisch nennen wir gedruckte Buchbestände, wenn sie bis 1850/1900 entstanden sind“, verdeutlicht Dr. Kirsten Krumeich, stellvertretende Bibliotheksleiterin.

In der Pfarrbibliothek Straelen befindet sich eine Inkunabel, ein Wiegendruck aus dem 15. Jahrhundert, der Frühzeit des Buchdrucks mit beweglichen Lettern.

© Bistum Münster

Seit wann es die Pfarrbibliothek in Straelen gibt, ist unklar. „Offenbar wurde sie in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts aus Resten aufgehobener Klöster und aus Schenkungen ortsansässiger Honoratioren gebildet“, vermutet Behrenberg. Mehr als 100 Jahre lang lagerten die 1400 Bände in einem Schrank oberhalb der Sakristei – unter denkbar schlechten Bedingungen. „Die Bibliothek war Feuchtigkeit ausgesetzt und auch Tauben und Mäuse haben Schäden hervorgerufen“, berichtet er. Vor 20 Jahren zog die Pfarrbibliothek für eine klimatisch passende Lagerung ins Stadtarchiv Straelen um, demnächst steht der Umzug in die Diözesanbibliothek Münster an. „Wir werden den Bestand zunächst auf Schädlinge untersuchen und jedes Werk katalogisieren, damit es für die Forschung nutzbar wird“, erklärt Kirsten Krumeich. Dafür geht die Diözesanbibliothek einen Dauerleihvertrag mit der Pfarrei ein. „Eigentümerin bleibt also die Pfarrei“, betont die stellvertretende Leiterin.

Oberstes Ziel der Verantwortlichen in der Diözesanbibliothek ist es, den Bestand zu erhalten. „Die Bände sind in ihrer Ausführung, Zusammenstellung und mit ihren individuellen Einbänden wertvolles Kulturgut“, sagt Behrenberg. Vor allem die vielen handschriftlichen Einträge ermöglichen einen neuen Blick auf die Geschichte der Pfarrei. „Anhand der Provenienzspuren, etwa der handschriftlichen Besitzvermerke, können Rückschlüsse auf Personen und Familien gezogen werden, die der Pfarrei so verbunden waren, dass sie ihr private Buchbestände gestiftet haben“, erläutert Krumeich. In Straelen sei dabei vor allem die Familie Scheilkens zu nennen. 

Behrenberg möchte die Verantwortlichen in den Pfarreien ermutigen, bei historischen Buchbeständen Kontakt mit der Diözesanbibliothek aufzunehmen. Dabei komme es nicht auf den Umfang einer Pfarrbibliothek an: „Auch wenige, gut erhaltene Bände können für die historische Forschung interessant sein.“ 

Ann-Christin Ladermann