Diskussion: „Was fehlt, wenn Gott fehlt?“

, Kreisdekanat Steinfurt

„Unsere Aufgabe als Kirche ist, auf Christus hinzuweisen, zu benennen, wer und was Grund unseres Tuns und unserer Hoffnung ist.“ Dieser Überzeugung von Diözesanadministrator Dr. Antonius Hamers schlossen sich am 23. November die Teilnehmenden der Diskussionsrunde uneingeschränkt an: „Wir müssen die Menschen erinnern, dass es Gott gibt, der bleibt.“ Zum 700-jährigen Gründungsjubiläum des Kollegiatstiftes Horstmar hatte die Pfarrei St. Gertrudis nach einem ökumenischen Gottesdienst in der Kirche zum Festakt eingeladen. Dabei ging es um die Frage: „Was fehlt, wenn Gott fehlt?“

Bei der Diskussionsrunde im Lernzentrum Arnoldinum stellten sich Dr. Antonius Hamers (von links), Karl-Josef Laumann, Jan van Campenhausen, Schwester Dr. Katharina Kluitmann und Pfarrer Dr. Thorsten Jacobi der Frage „Was fehlt, wenn Gott fehlt?“. Die Moderation übernahm Alexander Becker.

© Bistum Münster

Der Übergangsleiter des Bistums Münster zeigte sich mit Blick auf die Ausgangsfrage des Abends selbstkritisch: „Vielleicht fehlt so vielen Gott, weil wir zu wenig über ihn reden.“ Dabei müsse deutlich werden: „Weltliche Macht ist endlich, aber es gibt eine Macht, die diese weltliche überdauert und vor der wir uns verantworten müssen.“

Dem stimmte NRW-Sozialminister Karl-Josef Laumann zu – und nutzte dafür eine gewohnt bildhafte Sprache: „Menschen, die Macht haben, sollten nicht vergessen: Auch sie müssen sich vor jemandem niederknien.“ Wenn immer weniger Menschen nach Gott suchen, so Laumanns Eindruck, müssten die Kirchen und die Gläubigen dem etwas entgegensetzen: „Wir müssen uns in Gesprächen deutlicher zu unserem Glauben bekennen, der Glaube ist keine Privatsache“, so sein Appell. 

Schwester Dr. Katharina Kluitmann, Franziskanerin und Delegierte beim Synodalen Weg der katholischen Kirche, stellte für sich kurz und knapp klar: „Mir würde im Leben alles fehlen, wenn Gott fehlt.“ Und schränkte dann ein: „Auch, wenn er doch mal fehlt.“ Die engagierte Ordensfrau forderte einmal mehr: „Die katholische Kirche muss sich verändern.“ Wichtig sei, an der Gemeinschaft festzuhalten: „Wir müssen Gemeinschaftsräume im Großen und Kleinen aufrechterhalten.“

Angesichts der Situation in den Kirchen mahnte Pfarrer Dr. Thorsten Jacobi, Schulreferent im evangelischen Kirchenkreis Steinfurt-Coesfeld-Borken, nicht zu resignieren: „Es hat zu jeder Zeit Phasen gegeben, in denen Gott weniger Bedeutung für die Menschen gehabt hat.“ Mit Blick auf technische Entwicklungen wie die Künstliche Intelligenz (KI) warnte er unter anderem vor einem Wandel in der Trauerkultur: „Es schadet unserer Gesellschaft, wenn sich alles aufs Diesseits fokussiert.“

Die große Sorge von Jan von Campenhausen, evangelischer Pfarrer in Berlin-Neukölln, ist, „dass Gott aus dem Lebensgefühl der allermeisten Menschen weiter verschwindet“. Dieser Herausforderung müssten sich die Kirchen stellen. 

Begonnen hatte der Festtag in Horstmar mit einem ökumenischen Gottesdienst, den Pfarrdechant Johannes Büll und der evangelische Prädikant Alexander Becker in der St.-Gertrudiskirche feierten. In den Mittelpunkt ihrer gemeinsamen Predigt stellten sie die Botschaft: „Du musst Gott nicht suchen, du musst ihn nur entdecken, denn er ist längst in deiner Nähe.“ Kirchenmusiker Rafael D. Marihart, Sängerinnen und Sänger sowie ein Musikensemble machten den Gottesdienst zu einem besonderen Erlebnis.

Die vielen Fahnenabordnungen der Horstmarer Vereine und Verbände zeigten, wie bedeutsam das 700-jährige Gründungsjubiläum des Kollegiatstiftes für Stadt und Pfarrei ist. Das betonte auch Bürgermeister Robert Wenking zu Beginn des Festaktes im Lernzentrum Arnoldinum in seinem Grußwort.

Vor dem Einstieg in die Diskussionsrunde hatten der Fundamentaltheologe Prof. Dr. Jürgen Werbick aus Münster und Prof. Dr. Michael Beintker, früherer Vorsitzender des Theologischen Ausschusses der Union Evangelischer Kirchen, zwei Impulsvorträge gehalten.

Gudrun Niewöhner