Diskussionsveranstaltung mit Ruprecht Polenz zu russischer Politik

, Bistum Münster

Vor 30 Jahren hob sich der „Eiserne Vorhang“, der in Folge des Zweiten Weltkriegs Europa in Ost und West geteilt hatte. Seitdem wurden die Beziehungen zwischen der Europäischen Union und dem westlichen Verteidigungsbündnis NATO einerseits und Russland andererseits schwieriger. Was diese seit Jahren größte Herausforderung der europäischen Sicherheits- und Außenpolitik für die ost- und mitteleuropäischen Staaten bedeutet und wie man sie bewältigen könnte: Darum geht es bei der Veranstaltung „Russki mir“ („russische Welt“) am Dienstag, 19. November, von 18.30 Uhr bis 21 Uhr in der Akademie Franz Hitze Haus in Münster.

 

Porträtfoto Ruprecht Polenz
© Ruprecht Polenz

Impulse werden zum einen vom Theologen und Friedensforscher Prof. Dr. Heinz-Günther Stobbe und zum anderen von einem ausgewiesenen Fachmann für Osteuropa-Politik kommen: Ruprecht Polenz gehörte von 1994 bis 2013 dem Deutschen Bundestag und dessen Auswärtigem Ausschuss an, den er seit 2005 auch leitete. Heute engagiert er sich als Präsident der Deutschen Gesellschaft für Osteuropakunde und sagt: „Russland denkt und handelt seit ungefähr Mitte der Nullerjahre als Imperium.“

Anfang der 90-er Jahre habe der damalige sowjetische Generalsekretär Michail Gorbatschow zwar noch den Ausdruck vom „gemeinsamen Haus Europa“ geprägt. Nach seiner Regierungszeit aber habe sich in Russland als Nachfolgestaat der Sowjetunion beim Versuch, das kommunistische System zu transformieren, ein „grenzenloser Kapitalismus“ etabliert. Diesen lasteten die Russen bis heute der Demokratie an.

Als Wladimir Putin an die Macht gekommen sei, habe er zunächst die Kooperation mit NATO und EU gesucht, jedoch nicht die Weichen für echte Reformen gestellt. „Putins Haltung drückt sich in seiner Aussage aus, dass der Zusammenbruch der Sowjetunion die ,größte geopolitische Katastrophe des 20. Jahrhunderts‘ gewesen sei“, erklärt Polenz.

In seinem Selbstverständnis als Imperium habe Russland 2014 die Krim annektiert. Die Sanktionen der EU dagegen seien berechtigt gewesen. Denn Russlands Handeln widerspreche der Charta von Paris, die nach Aufhebung der Teilung in Ost und West eine neue friedliche Ordnung in Europa schaffen sollte und zu deren Unterzeichnern die Sowjetunion gehört. „Solange Russland als Nachfolger der Sowjetunion bei seiner Haltung bleibt, dass es die Charta heute nicht unterschreiben würde, sollte das ,westliche‘ Europa freundliche Beziehungen suchen und im Gespräch bleiben, sich dabei aber bewusst sein, dass die russische Regierung zentrale europäische Werte nicht teilt“, betont Polenz.

Diese und andere Sichtweisen stehen bei der Veranstaltung im Franz Hitze Haus zur Diskussion. Der Tagungsbeitrag beläuft sich pro Person auf acht Euro, ermäßigt auf vier. Die Veranstaltung bietet die Akademie in Zusammenarbeit mit dem bischöflichen Osteuropa-Hilfswerk Renovabis und der Fachstelle Weltkirche des Bistums Münster an. Weitere Infos gibt es im Franz Hitze Haus unter Tel. 0251 7 9818422.

Anke Lucht