Dr. Christine Walther: Einen Unterschied machen

, Bistum Münster

Themen gibt es viele, Meinungen noch mehr. Nicht immer werden sie sachlich vorgebracht und ausgetauscht. Und viel zu oft bestimmen Empörung, Negativität, Ich-Bezogenheit und gegenseitige Attacken die Diskussionen. „Die Montagsmeinung“, das Meinungsformat des Bistums Münster, soll hier ein anderes Zeichen setzen. Persönlichkeiten aus Gesellschaft und Kirche, die sich dem Bistum verbunden fühlen, setzen sich darin mit Themen auseinander, die für sie und andere relevant und aktuell sind. Die Autorinnen und Autoren lassen es aber nicht bei Klagen und Kritik. Sie haben vielmehr konstruktive Ideen und Lösungsansätze. Diese teilen sie mit uns an dieser Stelle alle 14 Tage montags.

In der heutigen „Montagsmeinung“, dem Meinungsformat des Bistums Münster, äußert sich Dr. Christine Walther. Die Historikerin aus Recklinghausen ist Leiterin Vereinsangelegenheiten bei FC Schalke 04:

Dr. Christine Walther

© Privat

Was ist wichtig? Was ist mir wichtig? Bedeutsamkeit zielt nicht zwangsläufig auf Eigeninteresse ab. Viele Menschen sind beruflich erfolgreich, aber unzufrieden. Wer nur im eigenen Interesse handelt, steigert nicht unbedingt sein Selbstwertgefühl. Beruflicher Erfolg kann gesellschaftliche Anerkennung nur bedingt ersetzen und ist kein Anzeichen dafür, ob es einem Menschen gelungen ist, dem eigenen Leben einen Sinn zu geben.

Wann aber fühlt es sich so an, dass das Leben Sinn hat? Besonders dann, wenn wir von anderen respektiert, anerkannt werden. Wertschätzung ist ein menschliches Bedürfnis wie Sicherheit, Ruhe oder Liebe. Was uns in den Augen anderer Wert und damit auch Würde verleiht, ist jedoch selten, was wir besitzen, sondern meist, wie wir unser Leben führen. 

In der Mitte von Europa genießen wir das Glück, in Freiheit zu leben. Wir haben die Freiheit, unser Leben sinnvoll zu gestalten und uns zu verwirklichen. Selbstverwirklichung meint ebenso, selbstwirksam zu sein. Selbstwirksamkeit ist nichts anderes als der Glaube an sich selbst: Ich kann eine schwierige oder herausfordernde Situation meistern. Für mich, aber auch für andere. „I want to make a difference,“ heißt es im englischsprachigen Raum. Ich will – und ich kann – einen Unterschied machen. Und der zählt für mich genauso wie für andere. Den Unterschied zu machen geht weit über Pflichterfüllung hinaus. 

Angesichts des unsagbaren Leids auf der Welt mögen wir womöglich an unserer Wirksamkeit zweifeln und resignieren: „Was kann ich schon ausrichten?“ Da braucht es konkrete Beispiele von Menschen, die sehr wohl den Unterschied machen. Beispiele, die ausstrahlen. Damit die Wirksamkeit nachvollziehbar und zur Nachahmung inspiriert und das Leid der Welt handhabbarer erscheint und bestenfalls ein wenig gelindert ist. 

Solche Beispiele erzählen wir in geistREich, dem Magazin der Stadtkirche Recklinghausens. Eine Form von Kirchenzeitung, die kostenlos und unabhängig von der Konfession an alle Haushalte verteilt wird. Ehrenamtliche Redakteurinnen und Redakteure berichten Monat für Monat über Menschen, die in der Stadtgesellschaft einen Unterschied machen: die Ehrenamtlichen der Telefonseelsorge, die einen Anker geben, Tag und Nacht; die Seniorin, die unentgeltlich im Secondhand-Shop der Gastkirche Kleidung an finanziell schlecht gestellte Mitbürgerinnen und Mitbürger verkauft; oder das Gastronomen-Ehepaar, das zu Weihnachten elternlose Kinder aus einem Heim zum Festessen einlädt. Es braucht nicht den christlichen Begriff der Nächstenliebe, um Sinnhaftigkeit und Wirksamkeit aus diesem Engagement herauszulesen. 

Diese Beispiele wollen Impulse setzen. Sie sollen zum Nachdenken, Nacherzählen, Nachahmen anregen. Wir Menschen haben nicht nur das Potenzial, uns wirksam zu entfalten. Wir haben auch eine Verantwortung. Insbesondere, da wir in Frieden und viele von uns in Wohlstand leben dürfen. Es hilft, einen Unterschied zu machen. Anderen und letztlich sich selbst. Denn es verleiht nicht nur anderen, sondern auch mir selbst Würde. Erzählen Sie es weiter.

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