Dr. Markus Toppmöller: Nach dem Sommer – was vom Innehalten bleibt

, Bistum Münster

Themen gibt es viele, Meinungen noch mehr. Nicht immer werden sie sachlich vorgebracht und ausgetauscht. Und viel zu oft bestimmen Empörung, Negativität, Ich-Bezogenheit und gegenseitige Attacken die Diskussionen. „Die Montagsmeinung“, das Meinungsformat des Bistums Münster, soll hier ein anderes Zeichen setzen. Persönlichkeiten aus Gesellschaft und Kirche, die sich dem Bistum verbunden fühlen, setzen sich darin mit Themen auseinander, die für sie und andere relevant und aktuell sind. Die Autorinnen und Autoren lassen es aber nicht bei Klagen und Kritik. Sie haben vielmehr konstruktive Ideen und Lösungsansätze. Diese teilen sie mit uns an dieser Stelle alle 14 Tage montags.

Die heutige Montagsmeinung hat Dr. Markus Toppmöller verfasst. Der Theologe und Psychologe leitet als Direktor das katholische Bildungszentrum Wasserburg Rindern in Kleve. 

 

Dr. Markus Toppmöller

© Privat

Die Sommerferien in Nordrhein-Westfalen sind vorbei – und für viele Menschen beginnt wieder der gewohnte Rhythmus mit Schule, Arbeit und Terminen. Es ist wieder Alltag. Auch wer selbst nicht mehr zur Schule geht, spürt die Rückkehr in diese getaktete Normalität. Als Eltern von Schulkindern oder als Freundinnen oder Freunde von Lehrkräften – das Leben vieler ist auf die Ferienzeiten abgestimmt.

In der Wasserburg Rindern, dem katholischen Bildungszentrum in Kleve, gibt es keine Sommerpause im klassischen Sinne. Unsere Einrichtung ist nahezu ganzjährig belegt. Dennoch verändert sich in den Sommermonaten auch bei uns der Charakter des Hauses. Einige Mitarbeitende sind im Urlaub, und besondere kulturelle Formate wie unsere Meisterkurse für Klavier oder die Malakademie prägen das Programm. Diese Veranstaltungen bringen eine Atmosphäre mit sich, in der Konzentration, Kreativität und Begegnung auf ganz eigene Weise spürbar werden.

Nun kehrt auch hier der Alltag zurück. Doch muss das wirklich bedeuten, dass alles sofort wieder schneller, voller und dichter wird?

Viele Menschen kommen als Gäste zur Wasserburg Rindern – zu einer Veranstaltung, einer Tagung oder als Hotelgäste, etwa auf ihrer Fahrradtour entlang des Niederrheins. Was sie mitbringen, ist oft eine doppelte Sehnsucht nach neuer Orientierung und nach Momenten der Entlastung. Beides – Lernen und Loslassen – braucht vor allem eines: Zeit. Und es braucht den Mut, diese Zeit nicht sofort wieder mit Aufgaben zu füllen, sondern sie als Freiraum zu verstehen.

Gerade jetzt, nach den Sommerferien, ist das eine Einladung, den Alltag so zu gestalten, dass darin nicht nur Leistung zählt, sondern Luft bleibt. Nicht jede Stunde muss durchgeplant, nicht jeder Tag vollends produktiv sein. Es tut gut, wenn zwischen all dem, was „dran“ ist, Zeitfenster offenbleiben – für ein Gespräch, für Stille, für das, was uns innerlich bewegt. Ich selbst genieße es zum Beispiel, in meiner freien Zeit mit Freundinnen und Freunden ein Brettspiel zu spielen – gemeinsam an einem Tisch, ganz im Moment. Oder ich bin draußen unterwegs, beim Geocaching in der Natur. Beides sind für mich kleine Unterbrechungen vom Alltag, die guttun. Sie schaffen Raum für Begegnung und neue Perspektiven.

Ich bin überzeugt, dass in solchen Lücken Neues wachsen kann. Wer sich Raum lässt, schenkt dem Unerwarteten eine Chance – einem Gedanken, einem Gebet, einem Impuls, der trägt. Im christlichen Verständnis ist das mehr als Erholung. Es ist ein Zeichen von Offenheit: für sich selbst, für andere und für das Wirken Gottes mitten im Alltag. Vielleicht beginnt das Neue ja nicht dort, wo wir besonders viel tun, sondern dort, wo wir einmal nichts tun müssen.

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